
Ich spüre in mir noch die Nachbeben … (Wie lange werden wohl die Mitarbeiter des Forum, die die ganze Zeit in Aktion waren, brauchen, um sich zu erholen und das Forum nachzubereiten?) Noch nicht einmal 48 Stunden. Eine sehr intensive, kurze Zeit. Gesichter, Stimmen, Worte, Bilder, Musik, Umarmungen, …
Perfektes Wetter und eine perfekte location. Modernes Bürgerzentrum gleich neben der Andreasgemeinde; mit Terrasse, die in einen Park mit Skulpturen und Spielplatz übergeht. Ein Eichhörnchen im Baum, eine Feldwiese gleich hinter der Kirche. In der Ferne schwebt ein Fesselballon langsam über die Außenbezirke von Frankfurt/M und man sieht die Skyline von Downtown Frankfurt unter strahlend blauem Himmel. Auf der Terrasse die slow-brew coffee bar des Refugio-Projekts, importiert aus Berlin.
Vielleicht 300 Leute. Warum sie wohl alle gekommen sind? Wo und wie war Gott hier am wirken an diesem Wochenende? Und wieviel wird davon in der Zukunft spürbar sein, und für wen?
Kirche für alle. Wirklich alle? Verhaltensgestörte, Intellektuelle, Menschen, die kein Deutsch sprechen, Bettlägerige, Hochsensible, Reiche, Unreine, mit ansteckenden Krankheiten, Kriminelle, psychisch Kranke, Extremisten, Analphabeten, Machtmenschen, Sex-Worker, Schwerstbehinderte, Workaholics, Vergewaltiger und Missbrauchte, Täter und Opfer, Mühselige und Beladene, Kinder, …
Die Jesus-Anhänger wollten sie wegschicken, aber Jesus wurde zornig und sagte: Lasst sie zu mir kommen …
(Die Bibel, Neues Testament, Markus-Evangelium, 10. Kapitel, Verse 13-14)
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Alle sollen kommen. Alle sind eingeladen.
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Wer Durst hat, der soll zu mir kommen und trinken! Wer mir vertraut … von ihm wird Leben spendendes Wasser ausgehen wie ein starker Strom.
(Johannes-Evangelium 7,37-38)
Wer kommt überhaupt, oder bleibt schon von vornherein weg? Wer fühlt sich überhaupt bei uns wohl? Und wenn ja, warum nicht? Noch nicht einmal alle, deren Muttersprache Deutsch ist, verstehen auch, worüber in Kirchen geredet wird. Sind unsere kirchlichen Angebote auch interessant für Leute, die nicht gut im Reden oder Zuhören sind? (Gottesdienste, Bibelstunden, Gesprächskreise, … )
Wieviel Vielfalt hält eine Gemeinde aus? Was wirkt den Fliehkräften entgegen und hält zusammen? Woher nimmt man die Kraft für all die Hilfsbedürftigen … Vielleicht bedürfen wir der Bedürftigen, um in Gottes Nähe zu kommen und zu bleiben und nicht zum frömmelnden Klub zu verkommen. Wenn wir mit unseren Möglichkeiten am Ende sind, kann Gott dann vielleicht noch was machen?
Du brauchst nicht mehr als meine Gnade. Je schwächer du bist, desto stärker erweist sich an dir meine Kraft.
(2. Korintherbrief 12,9).
Ist dies eine Einladung zum Burnout?
Willkommen sein. Gast werden und Gastgeber sein. Sich einladen lassen und sich selbst einladen. Beschenkt werden. Gnade. Manche kamen zu Jesus hungrig und wurden satt. Manche gingen wieder weg, weil ihnen Jesu Worte zu hart waren. Weiches Brot – harte Worte. Zuckerbrot und Peitsche? Fördern und Fordern?
Wer darf bleiben? Wie sehr muss man sich anpassen oder verbiegen, um dazuzugehören? Gibt es eine Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn des geistlichen Wachstums? Wer nicht schnell genug ist, darf nicht mehr mitfahren? Wen muss man rausschmeißen (wenn er nicht schon freiwillig gegangen ist)? Welche Rolle spielen Überlieferung, Verkündigung und Bezeugen, wie sieht das konkret aus und welche Zugänge dazu haben Menschen?
Ideale sind schön – Menschen sind anstrengend. Kirche für alle. Wollen wir das überhaupt? Theorie ist steril – Menschen stinken, und man macht sich schmutzig. Unangenehm.
Was ist überhaupt Kirche? Wie erkennt man in den Massen der Jesus-Sympathisanten die „echten“ Jünger? Wenn ALLE kommen, wie bleibt Kirche noch als solche erkennbar und bewahrt Profil? – An der Liebe werden die Leute erkennen, dass wir zu Jesus gehören (Johannes 13,35). Oder auch nicht.
„… Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“
(1. Johannesbrief 4,16)
Gilt das eigentlich nur für Christen?