Heilige Texte

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By Tinette. (Created by Tinette user of Italian Wikipedia.) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)%5D, via Wikimedia Commons

 

Heilige Texte gibt es nicht nur im Christentum. Von allen Religionen sind es allerdings besonders das Judentum, das Christentum und der Islam, die als Buch-Religionen bekannt sind. So schreibt Wikipedia: „Der klassische Typ der Buchreligion wird durch Judentum, Christentum und Islam verkörpert.“ Es gibt sogar einen ganzen Wikipedia-Artikel zum Thema „Buchreligion“:

https://de.wikipedia.org/wiki/Buchreligion

Die fundamentale Bedeutung der heiligen Texte für die abrahamitischen Religionen (Judentum, Christentum und Islam) hat positive und negative Aspekte, und alle drei sind in diesem Sinne fundamentalistisch.

Ein positiver Aspekt ist, dass Texte uns auf eine Art und Weise mit den Menschen der Vergangenheit verbinden, wie es keine anderen historischen Quellen tun können. Die überlieferten heiligen Texte schenken uns auf vielfältige Weise Einblick in das Leben von frommen Menschen der Vergangenheit. Auch sind es keine banalen Alltagstexte, sondern Texte, die überliefert worden sind, weil man glaubte, dass sie auch für die Zukunft von Bedeutung sein werden.

Ein negativer Aspekt ist, dass in Texten immer nur ein Bruchstück der ursprünglichen Kommunikation konserviert ist; nämlich gerade das, was mit den Buchstaben einer Schrift auf einem Schreibmaterial codiert werden kann. Der gesamte außertextliche Zusammenhang, der uns erklärt, wie der Text zur Zeit, als er verfasst wurde, genau funktioniert hat, kann nur durch mühsame historische und literaturwissenschaftliche Arbeit erschlossen werden; und auch das nur unter Vorbehalt, denn auch unser Wissen über die Zeitgeschichte der Texte und die Umstände, unter denen sie verfasst wurden, bleibt natürlich immer unvollständig.

Es ist selbstverständlich die Überzeugung der abrahamitischen Religionen, dass in diesen Texten etwas überliefert worden ist, das zeitlose Bedeutung hat. Mit dieser Überzeugung bewegen wir uns jetzt allerdings auf der Ebene des Glaubens; ein wissenschaftlicher Zugang kommt hier an seine Grenzen. Die Frage, was wir denn glauben WOLLEN, schwingt hier immer mit und ist für jeden von uns, egal ob fromm, Atheist, Agnostiker oder irgendwas anderes, eine ganz ent-scheidende Frage.

Keiner der jüdischen oder christlichen heiligen Texte präsentiert sich als ein Text, der vom Himmel gefallen ist. Alle diese Texte sind irgendwann einmal aufgeschrieben und danach weiter überliefert worden. Im Prozess der Überlieferung sind auch zumindest kleinere und vielleicht/wahrscheinlich auch größere Veränderungen vorgenommen worden, und in den meisten biblischen Texten wird kaum etwas zur Erstellung des endgültigen Textes gesagt.

Das Lukas-Evangelium im Neuen Testament fällt auf, denn der Verfasser sagt am Anfang etwas darüber, warum er diesen Text verfasst hat. Er bezieht sich ausdrücklich auf ältere Quellen, sagt aber nichts zu einem göttlichen Auftrag oder göttlicher Inspiration. Da fragt man sich dann schon, woher z.B. die evangelische Allianz ihr Bekenntnis „zur göttlichen Inspiration der Heiligen Schrift, ihrer völligen Zuverlässigkeit und höchsten Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung“ hat. (http://www.ead.de/die-allianz/basis-des-glaubens.html) Hat man sich da vielleicht selber etwas gemacht, das man gerne hätte? Die evangelische Allianz hat dies natürlich auch nicht neu erfunden, sondern steht damit selbst in einer noch älteren Tradition.

Das entscheidende Problem heiliger Texte ist, dass nur ein kleiner, „vertexteter“ Ausschnitt der Kommunikation konserviert und überliefert wird und sich die Texte dann immer weiter vom Leben entfernen, in dem sie entstanden sind. Texte können konserviert und überliefert werden, die Lebensumstände nicht. Noch nicht einmal die Sprache, in der die Texte verfasst wurden, blieb gleich. Moderne Griechen können die altgriechischen Texte des Neuen Testaments nicht mehr richtig lesen und verstehen, und wir brauchen Sprachwissenschaftler, um uns unsere modernen Übersetzungen zu machen.

Wenn es allerdings stimmen sollte, dass wir durch diese Texte etwas lernen können über Gottes Wirken in seiner Welt, dann hätten wir ein großen Schatz.

Ob durch diese Texte auch heute noch etwas Gutes mit uns passieren kann, das kann jeder ausprobieren.

 

Glück ist es, wenn heilige Texte zu heilsamen Texten werden.

 

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14 Kommentare zu „Heilige Texte

    1. Die Frage, was wir glauben sollten, lässt sich wissenschaftlich nicht beantworten; und, was wir letztendlich glauben, hat immer auch mit Bauchgefühl und einer Entscheidung zu tun. Warum leben wir so, wie wir leben?

      Auch diejenigen, die denken, dass sie sich um eine Entscheidung drücken können, haben damit ja irgendwie auch eine Glaubensentscheidung getroffen.

      Ich denke da u.a. auch an die Jesus-Worte: „Wer von euch bereit ist, Gottes Willen zu tun, der wird erkennen, ob diese Worte von Gott kommen oder ob es meine eigenen Gedanken sind.“

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      1. Öh… Naja. “Sollen“ ist ja ein sehr dehnbarer Begriff, aber meinst du nicht, dass es wünschenswert ist, ein möglichst sinnvolles System zu haben, das dafür sorgt, dass man möglichst viele wahre Sachen glaubt, und möglichst wenig falsche? Aber du musst natürlich meine Frage nicht beantworten, wenn du lieber nicht möchtest.

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      2. Tut mir leid, wenn ich den Eindruck erweckt habe, dass ich deine Frage nicht beantworten will.

        Ich bin ein großer Fan von lebenslänglichen Lernen und denke auch, wir sollten die Möglichkeiten unseres Verstandes ausreizen, um Antworten zu finden.

        Ich habe allerdings eine gewisse Skepsis gegenüber der aufklärerischen Begeisterung, als ob man diese Fragen allein mit der Vernunft klären könnte.

        Um zu beurteilen, was wahr und falsch ist, brauchen wir ja einen Maßstab. Wo kriegen wir den her? Absolute Wahrheit gehört Gott allein – wir sind nicht Gott.

        Ich finde es auch sehr wichtig, dass man seine eigenen Überzeugungen daraufhin abklopft, wie sinnvoll und in sich schlüssig sie sind.

        Eine Frage, die sich manchmal noch leichter beantworten lässt, ist: Was tut mir gut und was nicht? Wenn man Heil und Erlösung predigt und hat trotzdem den Eindruck, dass es den Menschen damit noch schlechter geht als vorher, dann stimmt irgendwas nicht.

        Jesus-Worte, wie „meine Schafe hören meine Stimme,“ weisen, denke ich, darauf hin, dass es noch eine Dimension des Wahrheit-Findens gibt, die über unseren Verstand hinausgeht.

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      3. Ich finde es gar nicht so entscheidend, wer deine Zielgruppe ist, aber wie gesagt, wenn du nicht über meine Frage reden willst, dann ist das völlig legitim, und ich verabschiede mich mit Dank und besten Wünschen.

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      4. Wenn du die Frage meinst, die du als erste gestellt hattest, dann habe ich die eigentlich schon beantwortet. Ich meine, was wir glauben wollen, hat immer Einfluss auf das, was wir letztendlich glauben, ob wir wollen oder nicht. Denn wir können keine wesentliche Frage des Lebens abschließend alleine mit Logik klären. Die Vernunft ist deswegen aber nicht unwichtig.

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    1. Naja, mein Eindruck ist recht nachdrücklich, dass das alles von keinem Gott stammt. Daraus gibt dann für dich, dass ich nicht will? Ja gut. Ich will auch nicht glauben, dass eine anthropogene Klimaveränderung stattfindet, wurde aber trotzdem davon überzeugt. Es geht also schon. Aber wie gesagt, ich will dir kein Gespräch aufdrängen, schon gut.

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      1. Hab mal kurz bei deinem Blog vorbeigeschaut, weil ich deinen Kommentar nicht so ganz einordnen konnte. Ich glaube, wir haben ein bisschen aneinander vorbei geredet.

        Ein Anliegen meines Blogs ist gegen christlichen Fundamentalismus zu schreiben. Da bist du dann wahrscheinlich nicht ganz die Zielgruppe. 😉

        Abgesehen davon schreibe ich allerdings auch über alles, worüber ich mir gerade so Gedanken mache.

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      2. Ich hatte mir die Antwort zumindest anders vorgestellt. Meine Frage war: „Meinst du denn, dass die Antwort auf diese Frage, was wir glauben wollen, maßgeblichen Einfluss auf das haben sollte, was wir dann tatsächlich glauben?“
        Und ich finde, darauf hast du mir keine Antwort gegeben. Sicher, natürlich haben unsere Wünsche und sonstigen Gefühle und Vorurteile Einfluss auf das, was wir glauben. Aber was denkst du denn, wie wir uns unsere Überzeugungen bilden sollten? Denkst du, dass wir uns dabei danach maßgeblich richten sollten, was wir gerne hätten? Ich zum Beispiel würde sagen, dass wir uns davon möglichst wenig beeinflussen lassen sollten, um möglichst viel über die tatsächlichen Umstände herauszufinden. Und du?

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      3. Ich denke auch, dass wir beim Lernen über die Welt und das Leben Objektivität anstreben und unsere eigenen Denkvoraussetzungen reflektieren sollten. Ich denke auch, dass diese „objektiven“ Lernprozesse wichtig für die Glaubensentscheidung sind. Ich glaube allerdings nicht, dass wir mit all diesem Lernen allein unseren Glauben begründen können. Unterm Strich bleibt immer ein Rest Entscheidung; und da ist dann die Frage, warum ich mich für das eine oder andere entscheide.

        Die wichtigsten Fragen des Lebens (meine persönliche Einschätzung), Sinn des Lebens, Partnerschaft, Kinder, Beruf, Hobbys, usw., lassen sich nicht rein wissenschaftlich beantworten. Selbst die Bejahung des Lebens lässt sich nicht wissenschaftlich oder philosophisch begründen.

        Ich sehe traditionelles Christentum sehr kritisch, aber Jesus finde ich ganz toll. 🙂

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