
… Liebe hört niemals auf …
(Bibel, Neues Testament, Paulus‘ erster Brief an die Gemeinde in Korinth, 13, Kapitel, Vers 8)
Liebe. Wofür das Wort im Deutschen schon so alles herhalten musste; und in anderen Sprachen können wir Ähnliches finden. – Wir Menschen sind gar nicht so verschieden …
Liebesfähig zu werden ist das Ziel des Lebens.
(Dorothee Sölle)
Liebe. Das schönste Thema der Welt. – Wer könnte da was dagegen haben?
Ein riesiges Thema – wenn es um die Praxis geht.
Die Theorie scheint noch recht einfach. Wenn es heißt „Liebe deinen Nächsten!“, geht es natürlich nicht um Erotik, sondern um ein Wohlwollen, dass meine Einstellung und mein Verhalten bestimmt. Wohlwollen gegenüber mir selbst und meinen Mitmenschen. So soll ich sein – so soll ich handeln.
… Liebe deinen Nächsten als dich selbst …
(Neues Testament, Markus-Evangelium 12,31)
Hier scheint es allerdings um mehr zu gehen, als nur um eine moralische Aufforderung. „Lieben als mich selbst“ beinhaltet auch eine entsprechende Wahrnehmung: Ich erkenne mich selbst als Mensch in dem anderen, und verstehe, dass sein Wohlergehen auch das meine ist.
Aber wie geht das praktisch? Kann man dazu überhaupt etwas Allgemeines sagen oder ist das rein subjektiv und individuell und funktioniert bei jedem anders? Kann man Liebe erklären oder kann man Liebe nur praktisch von Menschen lernen, die lieben?
In der Bibel steht eine ganze Menge zu dem Thema. Zum Beispiel im Neuen Testament im sogenannten 1. Johannesbrief. Der Verfasser lässt sich sogar zu der Aussage hinreißen:
… Gott ist Liebe.
(1. Johannesbrief 4,8)
In der jüdisch-christlichen Tradition (und bei Religionen im Allgemeinen) spielt auch der Begriff „heilig“ und „Heiligung“ eine wichtige Rolle. Wenn das stimmt, was im Johannesbrief über Gott und die Liebe steht, bedeutet Heiligung dann vielleicht, Lieben zu lernen?
Es gibt christliche Traditionen, wo Heiligung aufs Moralische reduziert zu sein scheint: Was man machen darf und was nicht. Bei Liebe geht es um viel mehr. Was macht mich fähig zu lieben und wie lerne ich, besser zu lieben? Es geht nicht um eine Checkliste, sondern um die Frage, wer ich bin. Liebe ist auch in christlichen Kreisen weder eine Selbstverständlichkeit noch eine Nebensächlichkeit der göttlichen Heilsgeschichte. Liebe ist, worum es geht!
Wenn ich in allen Sprachen der Welt, ja, mit Engelszungen reden kann, aber ich habe keine Liebe, so bin ich nur wie eine dröhnende Pauke oder ein lärmendes Tamburin. Wenn ich in Gottes Auftrag prophetisch reden kann, alle Geheimnisse Gottes weiß, seine Gedanken erkennen kann und einen Glauben habe, der Berge versetzt, aber ich habe keine Liebe, so bin ich nichts. Selbst wenn ich all meinen Besitz an die Armen verschenke und für meinen Glauben das Leben opfere, aber ich habe keine Liebe, dann nützt es mir gar nichts.
Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist nicht verbissen, sie prahlt nicht und schaut nicht auf andere herab. Liebe verletzt nicht den Anstand und sucht nicht den eigenen Vorteil, sie lässt sich nicht reizen und ist nicht nachtragend. Sie freut sich nicht am Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt. Liebe ist immer bereit zu verzeihen, stets vertraut sie, sie verliert nie die Hoffnung und hält durch bis zum Ende.
Die Liebe wird niemals vergehen. … Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe. Die Liebe aber ist das Größte.(Ein biblischer Standardtext zur Liebe: Paulus‘ erster Brief an die Korinther, 13. Kapitel)
Dass es viele biblische Verse zur Liebe gibt, lässt vermuten, dass man lernen kann, Liebe zu denken. Und wenn man viel Liebe sieht, hört, liest und Liebe im Kopf hat, dann kommt hoffentlich auch irgendwann mal etwas bei Händen und Füßen und im Herzen an und mein Mund fließt davon über. Ein Herz voll Liebe formt eine Sprache der Liebe.
Eine Sprache lernt man am besten von einem Muttersprachler, mit dem man sich unterhalten und dessen Sprache man sich von ihm erklären lassen kann. Liebe kann man gut von einem Menschen lernen, den man liebt und von dem man geliebt wird. Und man kann es gut lernen, wenn man mit einem Arschloch zu tun hat. Liebe ist ein Muskel, den man trainieren kann.
Können Menschen lieben, die selbst noch nicht so viel Liebe erfahren haben? Besonders in der Kindheit?
Ich finde das Wort „beziehungsunfähig“ ganz schlimm. Es gibt sicherlich Menschen, die sich sehr schwer tun mit einer festen Partnerschaft. Aber es gibt ja sehr viele Formen menschlichen Kontakts und menschlicher Beziehung und nicht nur die Lebenspartnerschaft. Mit jedem Blick und jedem Wort bin ich in einer Beziehung zu einem anderen Menschen. Man muss schon mindestens schwerstbehindert sein, um beziehungsunfähig zu sein. (Und ich habe selbst bei Schwerstbehinderten Schwierigkeiten, mir einen beziehungsunfähigen Menschen vorzustellen.)
Sollten unsere Bibelstunden und Gottesdienste vielleicht mehr aussehen wie Workshops und Gruppentherapie-Sitzungen, wo wir Raum haben, Liebe zu lernen und über die Schwierigkeiten dabei zu sprechen? Beschäftigen wir uns lieber mit Sachfragen als Menschlichkeit zu riskieren? – Open the can of worms … – Glauben wir wirklich, dass Liebe stärker ist?
Wie lernt man gemeinsam zu lieben? Die Gegenwart des Anderen zu genießen. Einander zu ertragen. Gemeinsam neue Kraft zu schöpfen. Den anderen zu stützen. Sich an einander zu freuen. Sich tief und unbefangen in die Augen zu schauen. Einander in den Arm zu nehmen und auch wahrzunehmen, wenn der andere sich dabei nicht wohlfühlt. Etwas riskieren und darunter zu leiden, wenn es schief geht. Sich entschuldigen. Vergeben und Vergebung annehmen. Zuhören und sich das Herz ausschütten. Helfen und sich helfen lassen. Sich einladen lassen und selbst Gastgeber sein.
Wer lernen möchte, besser zu lieben, hat da unendlich viel Möglichkeiten. 7 Milliarden Menschen. Und noch ganz viele Tiere und Pflanzen. Familie. Verwandte. Nachbarn. Kollegen. Alltägliche Begegnungen. Kinder. Altenheime. Kranke. Selbsthilfegruppen. Bücher. Internet …
Zum Beispiel 8 Tipps zur Achtsamkeit im Alltag: https://dfme-achtsamkeit.de/8-tipps-achtsamkeit-alltag/
Übrigens, viele Tipps, die für Partnerschaften gegeben werden, funktionieren auch im Umgang mit Singles ganz gut.
Hier noch was fürs Ohr und Auge:
Wie wunderbar!
Wir sind Wesen, die lieben können. Jeden Tag. – Herrlich … 🙂
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Wow!!!
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Es kommt darauf an, was geliebt wird, die Liebe zu den Menschen oder zu den Dingen?
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