
Jahrhunderte, nachdem Jesus aus Nazareth über die staubigen Wege Palästinas gegangen war, hatten Menschen die Idee, man könnte doch, um Klarheit zu schaffen, einige frühchristlichen Texte zusammennehmen und sie gemeinsam mit den vorausgegangenen jüdischen heiligen Schriften in einem Band veröffentlichen. Dies war auch buchtechnisch eine große Leistung. Solche riesigen Bücher (z.B. der Codex Sinaiticus) waren allerdings nicht gerade handlich und wegen des horrenden Preises auch noch nicht als Bestseller geeignet.
Ungefähr ein Jahrtausend (!) später sollte sich dies allerdings ändern. Mit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern und dem Ausbruch der Reformation wurde die Bibel allmählich für viele Menschen zum häuslichen Begleiter in vielen Lebensfragen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die biblischen Texte allerdings schon längst eine gewaltige Wirkungsgeschichte und hatten ihre Spuren in der Geschichte hinterlassen.
Viele Jahrhunderte lang war die Bibel nicht das weit verbreitete und gern gelesene Buch der Christenheit, sondern es waren Texte für eine sehr begrenzte Leserschaft. Diese wenigen Menschen bestimmten, welche Inhalte die einfachen Gläubigen erreichen würden – und auf welche Weise.
Keine Texte können so heilig sein, dass sie nicht missbraucht werden können. – Aber wer bestimmt, was ein guter, und was ein schlechter Umgang mit diesen Texten ist?
Die Wirkungsgeschichte der Bibel ist gewaltig – und nicht nur positiv. Wer die Schattenseite der Bibel ausblendet, läuft Gefahr, auch in der Gegenwart nicht wahrzunehmen, wo die Bibel Menschen schadet. Bibel verstehen ist Arbeit – auch Schattenarbeit.
Die biblischen Texte sind einer der großen Schätze in meinem Leben. Auch deshalb liegt mir sehr daran, dass auch andere Menschen diese Texte als Bereicherung in ihrem Leben erfahren. Dies ist allerdings leider nicht selbstverständlich …