Der Mönch und der Philosoph

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Ich lese zurzeit ein außergewöhnliches Buch, dessen besonderer Reiz ist, dass es ein Gespräch zwischen Vater und Sohn ist. Beide sind Franzosen. Der Vater, Jean-François Revel, ist ein erfolgreicher Schriftsteller und Philosoph, und der Sohn, Matthieu Ricard, ein Biologe, der eine aussichtsreiche Karriere an der Universität gegen eine Laufbahn als buddhistischer Mönch eingetauscht hat. Er ist der französische Übersetzer des Dalai Lama und wurde in den Medien als „glücklichster Mensch der Welt“ bezeichnet.

Das Buch ist leider nicht mehr ganz neu, aber da das Thema bis weit in die Antike zurückgeht, spielen ein paar Jahre da keine große Rolle. Das Buch ist ein Gespräch zwischen tibetischem Buddhismus und abendländischer Philosophie. Da Ricard selbst auch durch die europäische Kultur geprägt ist, sind ihm nun sowohl westliches als auch buddhistisches Denken vertraut, und er versucht in dem Gespräch u.a. Missverständnisse gegenüber dem Buddhismus auszuräumen.

Besonders beeindrucken tut mich die Ganzheitlichkeit buddhistischer Spiritualität und die hoch entwickelte tibetische Kultur. Die Verbindung von Denken und Leben und Charakter ist ein Ansatz, der in der abendländischen Philosophie früher auch zu finden war; in den vergangenen Jahrhunderten allerdings scheint die europäische Philosophie weitgehend verkopft geworden zu sein, wobei Verbindungen zu praktischer Erfahrung und Charakterbildung häufig nicht erkennbar sind.

Mir ist Ricard vor einer Weile im Internet aufgefallen. Ich weiß nicht, ob er auch Deutsch spricht, aber 2015 wurde ein nettes Interview mit ihm bei SRF Kultur (Sternstunde Philosophie) ausgestrahlt, wo er ins Deutsche übersetzt wird. Auch Bücher von ihm in Deutsch sind vorhanden.

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Sandra Hauser | Jeder kann den Mystiker in sich entdecken und sein eigener Mystagoge werden

 

Sandra Hauser im Gespräch mit Hubert Andreas Hagl, dem Gründer der „Integrale Mystik Academy“, auf ihrem Blog „Integrales Christsein“:

Gespräch mit Hubert Andreas Hagl, dem Gründer der „Integrale Mystik Academy“, Erster Teil

 

Spiritualität Berlin

 

Berlin_-_Aerial_view_-_2016
Ausdehnung des Stadtraums vom Zentrum in Richtung Norden, Foto von Avda / http://www.avda-foto.de – CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

 

1.  Nicht nur Berlin

Ich schreibe diesen Artikel, weil ich in Berlin in Sachen Spiritualität etwas bewegen will. Was ich hier schreibe, lässt sich aber bestimmt auch irgendwie auf deine Region übertragen.

 

„Das, was du heute denkst, wirst du morgen sein.“

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(Buddha)

 

2.  Angesagt – Spiritualität ist  DAS  Thema

Die Frage, die man letztes Jahr Tobias Faix gestellt hat, wird man sicherlich noch eine ganze Weile vielen Leuten stellen können?

„Warum ist Spiritualität so in und Kirche so out, Herr Faix?

Einerseits gibt es in der Welt eine wachsende Zahl von Menschen, die sich von etablierten religiösen Institutionen verabschiedet haben, andererseits ist das Thema Spiritualität so angesagt wie nie; und der Bedarf an kompetenten Gesprächspartnern und geeigneten Angeboten ist riesig.

 

„Der Christ von heute muss ein Mystiker sein.“

(Karl Rahner – vgl. H. Vorgrimler, „Gotteserfahrung im Alltag. Der Beitrag Karl Rahners zu Spiritualität und Mystik“, Vor dem Geheimnis Gottes den Menschen verstehen, hrsg. von K. Lehmann (Zürich, 1984), 62–78, mit Zitaten und Literatur)

 

„… dass der Christ der Zukunft ein Mystiker sei oder nicht mehr sei“

(Rahner in „Zur Theologie und Spiritualität der Pfarrseelsorge“, in: ders., Schriften zur Theologie, XIV (Zürich, 1980), 161.

 

3.  Sichten / Überblick verschaffen

In Berlin sind die spirituellen Angebote so zahlreich, dass es schon ein Vollzeit-Job ist, sich überhaupt einen Überblick zu verschaffen. Manche Angebote sind selbst übers Internet nicht zu finden, und manche sind kostenpflichtig.

 

 

Eine wichtige Aufgabe wäre schon einmal, Medien zu schaffen, über die man sich einfach und gut informieren kann, und finden kann, was für einen passt.

 

 Ihr könnt doch alle der Reihe nach in Gottes Auftrag reden, damit alle lernen und alle ermutigt werden.“

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(Apostel Paulus im ersten Brief an die Christen in Korinth; Bibel, Neues Testament, 14. Kapitel, Vers 31)

 

4.  Gesellschaftliche Kraft

Spiritualität scheint eine wichtige Kompetenz zu sein, um in unserer komplexen Welt das Leben zu bewältigen; und in der Zukunft wird die Bedeutung von Spiritualität wohl eher noch weiter zunehmen.

Darüber hinaus können spirituelle Menschen aber auch gesellschaftlich und global-politisch etwas bewegen. Dieses Engagement kann man auch organisieren und Synergie-Effekte nutzen. Aber auch hier ist es wieder schwierig, passende Projekte zu finden, und manche sinnvollen Strukturen scheinen auch noch gar nicht zu existieren.

 

„Die Kirche der Zukunft muss vor allem eine Kirche lebendiger Spiritualität sein.“

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(Karl Rahner)

 

5.  Öffentlicher Diskurs

Spiritualität ist auch eine Aufgabe für alle Bildungseinrichtungen, von den Schulen bis hin zur Erwachsenenbildung. Sprache spielt dabei eine große Rolle, sowohl was soziale Kompetenz, Toleranz und Kommunikationsfähigkeit betrifft, als auch bezüglich der Begriffe und sprachlichen Elemente selbst.

Ich erlebe es fast täglich, dass selbst Menschen, welche  dieselbe  religiöse Tradition haben, kaum noch in der Lage sind, sich über die spirituellen Fragen, die ihnen wichtig sind, zu verständigen. Wie soll dann interreligiöser Dialog funktionieren, wenn wir nicht an unserer Kommunikationsfähigkeit arbeiten?

 

„Man soll schweigen oder Dinge sagen, die noch besser sind als das Schweigen.“

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(Pythagoras von Samos)

 

„Public Theology“ ist mittlerweile ein Begriff, aber entsprechende Angebote sind noch zu wenig, und scheinen oft eher Veranstaltungen von und für Insider zu sein. Es ist höchste Zeit zu beweisen, dass Theologie auch relevant für den normalen Bürger sein kann. Wenn sie das nicht schafft, braucht man sie dann überhaupt noch?

Worthaus ist sicherlich ein Vorzeige-Projekt in dieser Hinsicht. Ich kenne leider aber auch kein zweites vergleichbares Projekt im deutschsprachigen Raum.

 

„Liebe und Spiritualität erschließen schließlich jene Resonanzen, die über unser Selbst hinausweisen.“

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(Matthias Horx)

 

6.  Neue Projekte

Spiritualität will nicht nur gefühlt und gedacht, sondern auch er-lebt und ge-lebt werden. Dafür braucht es spirituelle Communities mit Menschen aus Fleisch und Blut.

Spiritualität und Wir-Gefühl brauchen Zeit. Einmal im Monat ein spirituelles Event ist viel zu wenig. Wir brauchen menschliche Beziehungen mit Zeit, wo Vertrauen wachsen kann, und Orte und Treffen, die solche Gemeinschaft initiieren und inspirieren.

 

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Auroville, Foto von sillybugger, via Wikimedia Commons – CC BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)

 

Vielleicht erreiche ich über diesen Artikel ja ein paar Leute, die sich über dieselben Fragen Gedanken machen, und wir können zusammen etwas bewegen …

 

Bibel. Jetzt. (8) – Kontext, Kontext, Kontext

 

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Leinengewebe, by Dee.lite [Public domain], via Wikimedia Commons
 

 

Zeit und Fantasie sind wichtig zum Verstehen der Bibel („Bibel. Jetzt.“, Teil 1+2). Kontext ist auch wichtig, und Kontext bedeutet „Zusammenhang“. Ich hätte also schreiben können: Zusammenhang, Zusammenhang, Zusammenhang – etwas mühsam.

 

… So hat es euch ja auch unser lieber Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben, und dasselbe sagt er in allen Briefen, wenn er über diese Dinge spricht. Einiges in seinen Briefen ist allerdings schwer zu verstehen …
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(Bibel, Neues Testament, Zweiter Brief von Petrus, 3, Kapitel, Verse 15-16)

 

Kontext

Wikipedia erklärt:

 

„Kontext (Sprachwissenschaft), alle Elemente einer Kommunikationssituation, die das Verständnis einer Äußerung bestimmen“

 

Kontext spielt eine Rolle, wenn man miteinander redet und auch wenn man Texte liest. „Kontext“ ist alles, was für das Verstehen einer Äußerung wichtig ist. Man spürt, was damit gemeint ist, wenn man einen Brief (oder E-Mail) schreibt. Während ich schreibe, frage ich mich: Wird der andere das auch so hören, wie ich es sage? – Er hört ja gar nicht den Ton meiner Stimme, sieht nicht das Lächeln oder das Zwinkern mit den Augen …

 

Was würde ich darum geben, gerade jetzt bei euch zu sein und im Gespräch mit euch den richtigen Ton zu finden! Denn ich weiß mir keinen Rat mehr mit euch.

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(Neues Testament, Paulus‘ Brief an die Christen in Galatien, 4,20)

 

Missverständnisse

Und manchmal gibt es Missverständnisse. Ironie ist besonders problematisch. Und das Konservieren von Gedachtem oder Gesprochenem in einem Text funktioniert nicht immer perfekt. Es geht meistens etwas verloren.

 

 Ja, es ist offensichtlich, dass ihr ein Brief seid, den Christus selbst verfasst hat und der durch unseren Dienst zustande gekommen ist. Er ist nicht mit Tinte geschrieben, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, und die Tafeln, auf denen er steht, sind nicht aus Stein, sondern aus Fleisch und Blut; es sind die Herzen von Menschen.

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(Paulus‘ zweiter Brief an die Christen in Korinth, 3,3)

 

Mit einem Text beim Leser die gewünschte Wirkung zu erzielen ist eine Kunst, und je größer und vielfältiger die Leserschaft desto schwieriger. Je größer der zeitliche und kulturelle Abstand desto schwieriger.

 

Versuche der Rekonstruktion von schriftlicher Kommunikation

Dies alles ist keine spezifisch biblische oder theologische Problematik. Sie ist rein sprachlich. Es ergeben sich aus ihr allerdings wichtige Fragen an die Auslegung aller religiösen Texte, gerade auch die Auslegung der sehr alten:

Inwieweit lässt sich überhaupt der Kontext rekonstruieren? Wie kann man sie heute noch verstehen? Wie wahrscheinlich ist es, dass wir sie richtig verstehen, oder: Wie können wir überprüfen, ob wir richtig verstanden haben? …

Allein diese paar Fragen sollten schon deutlich machen, wie vorsichtig wir mit Formulierungen sein sollten, wie „die Bibel sagt…“ oder „aus der Bibel kann man lernen …“

 

Er hat uns fähig gemacht, Diener des Neuen Bundes zu sein, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.

(Paulus‘ zweiter Brief an die Christen in Korinth, 3,6)

 

Ein anderer Weg

Und noch eine ganz wichtige Frage: Gibt es vielleicht noch einen anderen Zugang zur Bibel als den „wissenschaftlichen“, theoretischen? Wie können wir als „Laien“ oder auch als Profis sinnvoll mit der Bibel umgehen?

 

… bloßes Wissen macht überheblich. Was uns wirklich voranbringt, ist die Liebe.

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(Paulus‘ erster Brief an die Christen in Korinth, 8,1)

 

[Fortsetzung folgt … (hoffentlich).]

 

Zurück zu:  Bibel. Jetzt. (7)  –  Ähnliches Thema:  GANZHEITLICHES BIBELVERSTÄNDNIS

 

frag würdig – liebe fragt

 

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Mutter mit Kind. Fotografie von Gertrude Käsebier (1890) [Public domain], via Wikimedia Commons
 

 

Religion ist schon längst nicht mehr selbstverständlich. Als ein frommer Mensch wird man hinterfragt.

Fragen können beiden weiterhelfen: Dem Fragenden und dem Hinterfragten.

 

… seid jederzeit bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der euch auffordert, Auskunft über die Hoffnung zu geben, die euch erfüllt.

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(Bibel, Neues Testament, Petrus‘ erster Brief, 3. Kapitel, Vers 15)

 

frag-würdig

Es gibt viel Frag-würdiges in unserer Welt – auch in der Christenheit. Fragen an einen Christen könnten vielleicht sein:

 

  • Wenn dir die Bibel so wichtig ist, warum liest du dann so wenig darin?
  • Wie kannst du Aussagen über die gesamte Bibel machen, wenn du die Texte darin gar nicht so gut kennst?
  • Wozu liest du in der Bibel (wenn du denn mal darin liest)?
  • Mit welchen Erwartungen gehst du an die Bibel heran? Welche Fragen meinst du, durch das Studium der Bibel beantworten zu können, und welche nicht?
  • Ist eine gute Bibelkenntnis alles, was wir heute brauchen, um gut im Glauben leben zu können, oder brauchen wir noch etwas Anderes? Was wäre gegebenenfalls das Andere?

 

Manchmal trampeln wir einfach weiter auf einem ausgetretenen Pfad, weil wir uns nie gefragt haben, ob es auch anders geht.

 

Denn unsere Erkenntnis ist bruchstückhaft, ebenso wie unser prophetisches Reden …
Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.

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(Neues Testament, Paulus‘ erster Brief an die Christen in Korinth, 13,9-13)

 

sinnvoll fragen

Manches ist fragwürdig, weil es einfach „problematisch“ ist. Es kann dann allerdings auch sein, dass eine Sache so sehr problematisch ist, dass sie schon die Zeit gar nicht wert ist, sich damit zu beschäftigen.

Es gibt einfache Fragen, die relativ schnell zu beantworten sind, und es gibt Fragen, die gehen so tief und weit, dass eine umfassende Antwort gar nicht möglich ist.

 

… Was ist Wahrheit? …

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(Neues Testament, Johannes-Evangelium 18,38)

 

Schlechte Fragen – gute Fragen

In manchen Fällen muss man erst einmal schon eine ganze Menge verstanden haben, um bei einem Problem, genau die richtige Frage stellen zu können. Und es gibt Momente, da lässt sich in einer einzigen Frage die ganze Situation auf den Punkt bringen – auch wenn noch keiner eine Antwort hat. – Gut Fragen ist eine Kunst.

Auf der Webseite von Forbes wird auf Sokrates hingewiesen: Die Fähigkeit, gute Fragen stellen zu können, als Leadership Skill. Sokrates scheint ein Meister des Fragens gewesen zu sein. Die „Sokratische Methode“ ist ja sogar ein fester Begriff geworden, für den es sogar einen eigenen Wikipedia-Artikel gibt.

 

Jesus fragt

Auch von Jesus sind Fragen überliefert. Hier eine Auswahl:

 

Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich im Haus meines Vaters sein muss?

(Die Bibel, Neues Testament, Lukas-Evangelium, 2. Kapitel, Vers 49)

Was sucht ihr?

(Johannes-Evangelium 1,38)

Ist es deine Sache, liebe Frau, mir zu sagen, was ich zu tun habe?

(Johannes 2,4)

Willst du gesund werden?

(Johannes 5,6)

Als Jesus die Menschenmenge sah, die zu ihm kam, fragte er Philippus: »Wo können wir so viel Brot kaufen, dass alle diese Leute zu essen bekommen?« Jesus wollte ihn mit dieser Frage auf die Probe stellen …

(Johannes 6,5-6)

Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen?

(Matthäus 8,26)

Habt ihr das alles verstanden?

(Matthäus-Evangelium 13,51)

Du als Lehrer Israels weißt das nicht?

(Johannes 3,10)

Und da ihr mir nicht einmal glaubt, wenn ich über die irdischen Dinge zu euch rede, wie werdet ihr mir dann glauben können, wenn ich über die himmlischen Dinge zu euch rede?

(Johannes 3,12)

Wie solltet ihr auch glauben können?

(Johannes 5,44)

Wenn ihr aber dem nicht glaubt, was Mose geschrieben hat, wie wollt ihr dann dem glauben, was ich euch sage?

(Johannes 5,47)

Warum seid ihr so empört?

(Johannes 6,43)

Wollt ihr etwa auch weggehen?

(Johannes 6,67)

 

Teuflische Fragen – göttliche Fragen

Am Anfang der Bibel tritt auch eine Schlange auf und stellt eine Frage an Eva, um sie zu verführen (Bereschith / Genesis / 1. Mose 3,1); und im Buch Hiob stellt sogar der Satan eine Frage an Gott (Hiob 1,9).

Sogar Gott selbst fragt. (Wo Gott es doch nun bestimmt nicht nötig hat, sich Informationen einzuholen.) Gleich auf den ersten Seiten der Bibel geht’s los:

 

Adam, wo bist du?

(Bereschith / Genesis / 1. Mose 3,9)

Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist?

(3,11)

Hast du etwa von den Früchten gegessen, die ich euch verboten habe?

(3,11)

Was hast du bloß getan?

(3,13)

Warum bist du so zornig und blickst so grimmig zu Boden?

(4,6)

Wo ist dein Bruder Abel?

(4,9)

 

frag-würdig

Es gibt in unserem Leben manche Themen und Situationen, wo es die Sache nicht wert ist nachzufragen. Jeder Mensch, wäre aber eigentlich schon unserer Fragen würdig, und die Zeit wert, um mit ihm oder ihr zu reden. Jeder Mensch – unendlich geliebt, unendlich wertvoll.

 

Die Würde des Menschen ist begreifbar.

 

Auch wenn miteinander reden manchmal echt schwer ist, und es sicherlich auch Situationen gibt, wo man ein Gespräch besser abbricht.

Es gibt Scharen von Menschen, die so gerne mit jemand reden würden, der auch zuhört. Eins der wertvollsten Geschenke ist ein offenes Ohr. Und manche Menschen wollen schon gar nicht mehr reden, weil es zu oft schief gegangen ist.

Menschen sind würdig unserer Fragen, unserer Neugier. Wie viel Unentdecktes schlummert in einem Menschen? Wie viel Schönheit, die noch nie jemand gesehen hat? Wie viel Einsamkeit? Es gibt noch so viele wichtige Fragen zu stellen – zum richtigen Zeitpunkt. Zum Beispiel:

 

Gibt es in deinem Leben Platz für mich?

 

Liebe fragt.

Wie viel Liebe könnten Menschen erfahren, wenn unsere Fragen zeigen würden, dass uns an ihnen liegt? Wie viel Rohes, könnte beim Sprechen Gestalt gewinnen und verstanden werden? Wie viel Ängste und Schuld, von denen keiner weiß? Wie viel Heilung könnte geschehen? Wie viel Verirrtes einen Weg finden?

Es kann manchmal auch passieren, dass sich jemand verarscht vorkommt, wenn wir Fragen stellen; nämlich dann, wenn wir Fragen stellen, aber nicht wirklich an der Antwort interessiert sind. Manchmal stellt man Fragen, weil man hofft dadurch dann ein Sprungbrett zu haben, um seine eigenen Ideen loszuwerden. Der Andere fühlt sich dann zu Recht getäuscht.

 

Denkt bei dem, was ihr tut, nicht nur an euch. Denkt vor allem an die anderen und daran, was für sie gut ist.

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(Paulus‘ erster Brief an die Christen in Korinth, 10,24)

 

Echtes Fragen ist auf den Anderen gerichtet. Es ist ein Ausdruck von wirklichem Interesse. Im Fragen kann Nächstenliebe – vielleicht sogar Feindesliebe – sichtbar werden.

Wenn wir fragen, sollten wir würdig fragen (d.h. auf eine würdige Art und Weise), mit Respekt vor der Privat- und Intimsphäre des Anderen und auch vor der Bedeutung des Themas. Unsere Worte und der Klang unserer Stimme könnten Interesse und Wohlwollen erkennen lassen. Und das natürlich nicht geheuchelt, sondern aus der Aufrichtigkeit unseres Herzens.

 

Liebe und tu, was du willst.

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(Augustinus)

 

Wäre es nicht toll, wenn wir Christen einen Ruf hätten als Menschen, die fragen?

 

„Christen … das sind doch die, die immer echt wissen wollen, wie es einem geht und was man meint!“

 

 
[Dies ist die Überarbeitung eines älteren Artikels. Den älteren Artikel mit Kommentaren findet ihr hier.]