Die Johannes-Diät: Ich nehme ab – ER nimmt zu.

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Die Predigt von Johannes dem Täufer, Gemälde von Pieter Bruegel dem Älteren (1526/1530–1569) via Wikimedia Commons- GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

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„Das Einzige, das man bei einer Diät verliert, ist die Lust.“

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(Erhard Blanck (*1942), deutscher Heilpraktiker, Schriftsteller und Maler)

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Abnehmen

Ein großes Thema. Ein Milliarden-Geschäft. Manche Zeitschriften könnten ohne die Tipps zum Abnehmen wohl kaum existieren. Eine berühmte Diät ist ja sogar nach einer Zeitschrift benannt: Die Brigitte-Diät.

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„Er muss zunehmen, ich aber muss abnehmen.“

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(Johannes der Täufer im Johannes-Evangelium; Bibel, Neues Testament; 3. Kapitel, Vers 30)

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Die Johannes-Diät

Es gab auch einmal eine Johannes-Diät. Die ging so:  Ich nehme ab – Er nimmt zu.

Es stört, wenn Menschen sich selbst zu wichtig nehmen. Manche sind mit ihrer Persönlichkeit mehr Teil des Problems als Teil der Lösung.

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„vielleicht steht ihr dann als solche da, die gegen Gott kämpfen“

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(Neues Testament, Apostelgeschichte 5,39)

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Dein Charakter

Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken, ist auch kein speziell „christliches“ Thema. Hier geht es um eine Charakter-Frage: Bin ich jemand, der sich gern in den Vordergrund spielt, sich eitel in der Aufmerksamkeit der anderen sonnt, gerne im Mittelpunkt steht, die Interessen anderer nur am Rande wahrnimmt, immer zuerst an sich selbst denkt, … ?

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„… Wenn ihr euch nicht ändert und so werdet wie die Kinder, kommt ihr ganz sicher nicht in Gottes himmlisches Reich.“

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(Jesus im Matthäus-Evangelium; Neues Testament; 18,3)

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Die lieben Kleinen

Bei Kindern ist Egozentrik in gewissem Maß für eine Weile natürlich. Sie lernen zunächst sich selbst wahrzunehmen, und erkennen erst danach, mehr und mehr, dass andere Menschen ganz ähnliche Wesen sind, wie sie selbst.

Bei Kindern kann ihr Leben davon abhängen, dass sie die Aufmerksamkeit des Betreuungspersonals haben. Man sollte allerdings irgendwann einmal erwachsen werden und die anderen Menschen mit ihren jeweils eigenen Interessen wahrnehmen und respektieren und sich einordnen in eine Gemeinschaft.

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Karriere als Hilfskraft

Johannes der Täufer verstand sich selbst als Hilfskraft; als jemand, der vorbereitende Tätigkeiten verrichtet für einen anderen, der wichtiger ist.

Können wir uns selbst in dieser Rolle sehen? Können wir damit O.K. sein, nicht die erste Geige zu spielen? Nicht selber im Zentrum unseres eigenen Universums zu stehen? Uns nicht nur  ein– sondern auch  unter-zuordnen?

Nehmen wir Gottes Wirken um uns herum war? Und können wir die Rolle erahnen, die wir vielleicht dabei spielen könnten?

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Ich nehme ab  –  Jesus nimmt zu.

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Gotteskrieger

Für manche Christen eine eitle Vorstellung:  Ich kämpfe für Gott! – Das gibt meinem Leben Bedeutung, und dann fühl ich mich auch gleich besser …  😉

Mir selbst fällt in meinem Leben immer wieder auf, wie meine persönlichen Interessen sich wieder in den Vordergrund geschummelt haben, und ich mich selbst ertappen muss als jemand, der sich zu viel um sich selbst dreht … – Das eigene Ego ist ein tapferer Krieger. Leicht verliert man im alltäglichen Getümmel die Verbindung zur Quelle des Lebens und ackert wieder mühsam „im Schweiße seines Angesichts“ …

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„Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Dein Kampf gegen mich ist sinnlos.“

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(Apostelgeschichte 26,14)

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Saulus Paulus

Jetzt sind wir wahrscheinlich nicht gerade Christenverfolger wie Saulus/Paulus. Aber sind es unsere  EIGENEN  Ideen, die wir unbedingt umsetzen wollen (natürlich zu Gottes Ehre), oder fügen wir uns ein in das Wirken  GOTTES  in dieser Welt? Ist unser Engagement für die Sache Gottes vielleicht in Wahrheit ein Kämpfen gegen Gott, weil wir so verpeilt sind, dass wir die Wirklichkeit nicht wahrnehmen?

Wie kann so was passieren, dass Menschen mit den besten Absichten und guter Ausbildung sich erkennen müssen als Menschen, die gegen Gott gearbeitet haben? Könnte dir und mir so was passieren?

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„Nur er [Jakob] blieb noch allein zurück.
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Plötzlich stellte sich ihm ein Mann entgegen und kämpfte mit ihm bis zum Morgengrauen.
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Als der Mann merkte, dass er Jakob nicht besiegen konnte, gab er ihm einen so harten Schlag auf das Hüftgelenk, dass es ausgerenkt wurde. Dann bat er:
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‚Lass mich los, der Morgen dämmert schon!‘
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Aber Jakob erwiderte:
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‚Ich lasse dich nicht eher los, bis du mich gesegnet hast!‘
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‚Wie heißt du?‘,
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fragte der Mann. Als Jakob seinen Namen nannte, sagte der Mann:
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‚Von jetzt an sollst du nicht mehr Jakob heißen. Du hast schon mit Gott und mit Menschen gekämpft und immer gesiegt. Darum heißt du von jetzt an Israel (›Gotteskämpfer‹).‘
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‚Wie ist denn dein Name?‘,
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fragte Jakob zurück.
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‚Warum willst du das wissen?‘,
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entgegnete der Mann nur, dann segnete er ihn.
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‚Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und trotzdem lebe ich noch!‘,
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rief Jakob. Darum nannte er den Ort Pnuël (»Gesicht Gottes«).
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Die Sonne ging gerade auf, als Jakob weiterzog. Er hinkte, weil seine Hüfte ausgerenkt war.“
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(Bibel / Tanach / Altes Testament, Bereschith / Genesis / 1. Mose 32,25-32)

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Missio Dei

Mir hilft immer wieder die Vorstellung der Missio Dei (wobei die trinitarische Vorstellung historisch allerdings problematisch ist):

Nicht ich selbst bin der eigentlich Handelnde und Motor, sondern Gott selbst, der sich ausstreckt nach seinen Menschen.

Wenn ich nicht in Übereinstimmung, in Einklang bin mit dem Wirken Gottes in einer konkreten Situation, dann bin ich ein Störfaktor.

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„Wer nicht auf meiner Seite steht, ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, zerstreut.“

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(Jesus im Matthäus-Evangelium 12,30)

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Megatrends

Die biblischen Texte erzählen vom Handeln Gottes in der Geschichte von uns Menschen.

Was ist eigentlich heute so los? Handelt Gott heute auch noch? Auch noch im großen Stil?

Es ist interessant zu beobachten, was sich in unserer Zeit ereignet und wie Menschen bewegt und verändert werden.

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„Reformation war gestern. Die Zukunft des Christentums gehört der Transformation.“

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(Marion Küstenmacher auf dem Buchrücken von „Integrales Christentum„)

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Die Fülle des Christus

Christsein ist nicht nur ein einmal erreichter Status, sondern ein Lebensstil. Christsein bedeutet – per Definition – Leben, Veränderung und Wachstum. Dabei entsteht eine Lust und Freude von ganz anderer Art. Die Fülle des Lebens erfahren durch das Überwinden und Loslassen des Egos und das Empfangen von Christus-Bewusstsein.

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„… wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht einmal sehen … Menschliches Leben wird von Menschen geboren, doch geistliches Leben von Gottes Geist. …

Der Wind weht, wo er will. Du hörst ihn zwar, aber du kannst nicht sagen, woher er kommt und wohin er geht. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist …

Kein Mensch kann sich auch nur das Geringste nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist.

Ihr selbst könnt bezeugen, dass ich [Johannes der Täufer] sagte: ‚Ich bin nicht der Messias, sondern ich bin nur geschickt worden, ihm den Weg zu bahnen.‘

Wer die Braut bekommt, ist der Bräutigam. Der Freund des Bräutigams steht dabei und freut sich von Herzen, wenn er dessen Stimme hört. Das ist auch jetzt meine ganze Freude. Er muss immer größer werden, ich dagegen geringer. …“

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(Johannes-Evangelium 3. Kapitel)

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Worte in der Wüste

 

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Caravaggio [Public domain], via Wikimedia Commons

 

Worte einer Stimme, die gewaltsam für immer zum Schweigen gebracht wird – wie so viele andere Stimmen davor und danach. Menschen, die niemandem Gewalt angetan hatten und doch Gewalt erlitten und erleiden.

Wüste. Ort der Klärung und Findung. Ort der Begegnung mit Gott und Satan. Ort der Veränderung und Berufung. Ort der Vorbereitung. – Gott führt in die Wüste, und aus ihr heraus.

 

Eine Stimme ruft: Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott! Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, und was hüglig ist, werde eben. Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn, alle Sterblichen werden sie sehen …

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(Die Bibel, Tanach / Altes Testament, Jesaja, 40. Kapitel, Verse 3-5)

 

Die Menschen verließen das Treiben der Stadt, um eine Stimme in der Wüste zu hören. Viele beschlossen ihr Leben zu ändern.

Aber nicht alle waren begeistert. Licht und Schatten. Die Botschaft führt in die Krise, und die Entscheidungen fallen unterschiedlich aus. Es ist ein langer Weg bis die Herrlichkeit des Herrn anbricht.

Eine Situation vieler Paare: Man sehnt sich nach einem Kind, aber es kommt keins. Von Natur aus hängt die Entstehung von Leben nicht nur von einer menschlichen Entscheidung ab. Jetzt waren sie schon alt – wie Sara und Abraham. Und als der Engel dem Priester Zacharias seinen zukünftigen Sohn Johannes ankündigt, kann dieser es kaum glauben.

In den ersten Kapiteln aller vier Evangelien wird von Johannes dem Täufer erzählt. Lukas erzählt sogar von seiner Geburt und, dass seine Mutter und Maria, die Mutter von Jesus, verwandt sind. Dennoch wissen wir kaum etwas über die Beziehung zwischen Jesus und Johannes bis Jesus von Johannes getauft wird. (Übrigens ein sehr beliebtes Motiv in der Kunstgeschichte. – Warum?) Auch in der Apostelgeschichte taucht Johannes‘ Name auf.

Es gibt kaum eine andere Gestalt im Neuen Testament (mit Ausnahme von Jesus), die von so großer Bedeutung ist wie Johannes der Täufer, und gleichzeitig so geheimnisvoll. Und obwohl er, wie Jesus, relativ jung gestorben ist und sein Leben nun schon fast 2000 Jahre zurückliegt, reden wir heute immer noch über ihn.

 

Was habt ihr von Johannes erwartet, als ihr zu ihm in die Wüste hinausgegangen seid? Wolltet ihr ein Schilfrohr sehen, das bei jedem Windhauch hin- und herschwankt? … Oder wolltet ihr einem Propheten begegnen? Ja, Johannes ist ein Prophet, und mehr als das … ich versichere euch: Von allen Menschen, die je geboren wurden, ist keiner bedeutender als Johannes der Täufer … Seit Johannes der Täufer da ist, beginnt Gottes neue Welt, wenn auch andere das mit Gewalt verhindern wollen.

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(Neues Testament, Matthäus-Evangelium 11,7-12)

 

Wie kann es sein, dass jemand, über den Jesus so große Worte sagte, in der christlichen Dogmatik kaum eine Rolle spielt? Hätte Jesus nicht einfach so auf der Bildfläche erscheinen können, ohne dass ihn jemand ankündigt? (Die Juden hatten doch sowieso schon auf den Messias gewartet.) Was hat dieser Mann heilsgeschichtlich für eine Rolle? Was bedeutet „Vorbereitung“? Was bedeutet das für uns?

Welche Wirkung hatte Johannes auf seine Zeitgenossen? Was machte er in der Wüste und warum taufte er ausgerechnet auf der Ost-Seite des Jordans und nicht etwa im See Genezareth bei den Fischern? Welche Bedeutung hatte er für das Auftreten von Jesus?

Wer war dieser Mann?

Worthaus: Johannes der Täufer – ein prophetisches Phänomen

 

Zeit & Stille

[Eine neuere Überarbeitung dieses Artikels findet ihr hier.]

 

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Tonnengewölbe mit Gurtbögen: Abteikirche in Saint-Savin im Westen Frankreichs, by Lechat84 (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)%5D, via Wikimedia Commons

 

Ein einfaches Konzept für unser gestresstes Leben.

Wir alle haben Zeit – theoretisch. Jeden Morgen neu, 24 Stunden am Tag. Wenn wir bewusst unseren Tag gestalten, unser Leben in die Hand nehmen und entscheiden, wofür wir unsere Zeit nutzen, dann haben wir die Chance, in unserem Leben zeitliche Freiräume zu schaffen für das, was wirklich wichtig ist. Noch besser wäre, wenn wir erfasst würden, von den wichtigen Fragen des Lebens selbst, getragen vom Wesentlichen, als Getriebene zu sein, von den alltäglichen Dringlichkeiten.

Der moderne Großstadtmensch findet Stille oft nur noch mit Ohren-Stöpseln. Manche suchen Stille in der Natur und auch dort hören wir das Flugzeug sich annähern und wieder entfernen. Es ist allerhöchste Zeit, in einer gestressten und reizüberfluteten Welt, dass wir in unserem eigenen Leben und in der Gesellschaft Freiräume für Zeit und Stille schaffen. Wir dürfen nicht darauf warten, dass das von alleine passiert oder es andere für uns tun – um unser selbst und anderer willen.

Vorbilder gibt es: Elija am Horeb (1. Kön. 19), Johannes der Täufer, Jesus (Mk 1,35), …

Das Motiv der Wüste taucht in biblischen Erzählungen immer wieder auf. Ein Ort der Einsamkeit, Kargheit, der Begegnung mit sich selbst, … – ein Ort der Vorbereitung.

In der Geschichte waren und sind Klöster Orte der Kontemplation. Nicht unbedingt eine gute Idee für jeden oder für alle Zeit; aber wenn man für sich selbst, für den Augenblick, eine Lösung gefunden hat, um mehr Zeit für Stille zu finden, hat man schon eine ganze Menge gewonnen.

[Eine neuere Überarbeitung dieses Artikels findet ihr hier.]