Die Spiritualität Jesu und spirituelles Erwachen

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Sonnenaufgang in den Pieninen (Polen). Foto von Pudelek, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

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Hättest du gerne inneren Frieden? So, als einen ständigen Begleiter? Als eine robuste Grundlage für dein Leben?

Friede(n) ist auch eines der ganz großen Themen in der Bibel:

Äußerer Friede & innerer Friede.

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“… der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren”

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(Paulus im Brief an die Gemeinde in Philippi – Bibel, Neues Testament, 4. Kapitel, Vers 7)

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Der christliche Glaube ist kein Rätsel, das wir mit unserem Verstand lösen könnten. Glaube ist ein Geheimnis.

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“Die Himmel verkünden die Herrlichkeit Gottes,
und das Firmament erzählt vom Werk seiner Hände.

Ein Tag erzählt es dem anderen,
und eine Nacht tut es der anderen kund.

Ohne Sprache und ohne Worte,
unhörbar ist ihre Stimme.”

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(Psalm 19,2-4 – Bibel, Tanach / Altes Testament)

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Falls ihr euch nach dem Lesen dieses Textes fragt, worum es hier eigentlich geht, dann könnte das daran liegen, dass sich dies mit Worten kaum fassen lässt. Die Wirklichkeit, die ich meine, geht über die Ausdrucksmöglichkeiten von Sprache hinaus.

Und beim „Kleinen Prinzen“ von De Saint-Exupéry heißt es ja sogar:

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“Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.”

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Ihr werdet allerdings bestimmt hier und da den Eindruck haben, dass euch das, worüber ich schreibe, irgendwie bekannt vorkommt. Das es sich stimmig anfühlt.

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Ich erzähle euch jetzt eine Geschichte von einem anderen kleinen Prinzen. (Wer möchte, darf sich dabei auch gerne eine Prinzessin vorstellen.)

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Also …

Es war einmal, vor langer, langer Zeit, da lebte ein kleiner Junge in einem kleinen Dorf. Er war was ganz Besonderes – und seine Mama hatte das natürlich auch schon immer gewusst. Doch eigentlich passierte dann kaum irgendetwas Außergewöhnliches. Er wuchs einfach auf in seinem kleinen Dorf wie die andern Jungs auch. Aus dem Jungen wurde ein Mann …

Eines Tages verließ er sein Dorf und machte sich auf den Weg Richtung Süden. Er war eine ganze Weile auf staubigen Straßen unterwegs. Doch dann endlich sah er eine große Menschenmenge und hörte die kräftige Stimme eines Predigers:

“Die Zeit ist reif für das Gericht Gottes. Macht euch bereit!”

Er bahnte sich den Weg durch die Menschenmenge und reihte sich ein in die Schar derer, die sich taufen ließen.

Endlich war er an der Reihe. Er tauchte ein in das kalte Wasser und für einen Augenblick war er begraben in den Wassern des Jordan.

Jetzt richtet er sich auf. Das Wasser tropft von ihm herab, und er wischt es sich aus den Augen. Und der Geist Gottes kommt vom Himmel herab und bleibt auf ihm, und er hört eine Stimme vom Himmel: “Du bist mein geliebtes Kind!”

Er schreitet aus dem Wasser heraus, und der Geist führt ihn in die Einsamkeit, in die nahegelegene Wüste.

Tagsüber brennt die Sonne, und nachts ist es kalt. Über ihm leuchten die Sterne am Firmament.

Nach 40 Tagen begegnet ihm das Böse.

“Mach doch die Steine hier zu Brot! Für ein Kind Gottes ist das kein Problem.”

“Stürz dich herab von diesem Felsen! Dein himmlischer Vater wird dich beschützen.”

“Beuge dich doch endlich und gib mir deine Anerkennung!”

Doch Jesus entgegnet: “Hinweg mit dir Satan! Ich diene meinem Gott!”

Jetzt kommen Engel vom Himmel herab und dienen ihm.

Gestärkt durch Kraft aus der Höhe und erfüllt von heiligem Geist geht er nun zu den Menschen und trifft sie auf Marktplätzen und in Synagogen. Er erzählt ihnen:

“Der Himmel ist uns ganz nahe. Das Himmelreich ist schon unter uns! Habt Vertrauen!

Das Himmelreich beginnt klitzeklein wie ein Senfkorn, kaum zu sehen. Doch wenn es auf einen guten Acker fällt, dann wächst es und wird zu einem großen Gestrüpp, in dessen obersten Zweigen die Vögel des Himmels sicher ihre Nester bauen.

(Quelle: Die Evangelien Matthäus, Markus und Lukas in der Bibel)

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Es ist interessant, dass die Versuchung Jesu in der Wüste von den verschiedenen Evangelien nicht in derselben Form erzählt wird.

Was ist damals genau passiert? Und was kommt darin zum Ausdruck?

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Eine Frage, die mich schon lange beschäftigt, ist: Warum scheint es Kirchen und Gemeinden kaum zu gelingen, attraktiv für spirituell suchende Menschen zu sein? Die meisten scheinen eher zum Yoga oder zu einem spirituellen Lehrer zu gehen, als zu einer christlichen Gruppe.

Jene Menschen hingegen, welche christliche Angebote in Anspruch nehmen, scheinen häufig Menschen zu sein, die entweder schon aus christlichen Familien stammen, oder die Gemeinschaft und Halt in der christlichen Tradition suchen. Man/frau sucht sich etwas, das passt, und versucht sich so gut es geht in die bestehenden Strukturen einzufügen. – Das macht auch durchaus Sinn und muss nicht schlecht sein.

Bei Jesus sehen wir allerdings noch etwas anderes. Jesus hat sich nicht allein in bestehende Traditionen eingefügt, sondern er ist über die Tradition und seine Kindheit und Jugend hinausgewachsen. – Die Zeit war reif…

Wir alle machen eine religiös-spirituelle Entwicklung durch (Kinderglaube, Atheismus, Familienandachten, Agnostizismus, Kindergottesdienst, Jugendarbeit …), und es gibt immer wieder Zeitpunkte, wo “die Zeit reif ist” für etwas Neues.

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Jesus hat einen Geist erfahren und ist diesem Geist gefolgt. Er hat uns etwas vorgemacht und fordert uns auf, es ihm nachzumachen:

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„Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.“

(Jesus im Lukas-Evangelium 9,23)

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Es gibt eine häufig zitierte Aussage von Karl Rahner, einem der großen Theologen des vergangenen Jahrhunderts:

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„Der Fromme der Zukunft wird ein ‚Mystiker‘ sein, einer, der etwas ‚erfahren‘ hat, oder er wird nicht mehr sein.“

(Karl Rahner)

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Ich glaube, da ist was dran. Und ich habe den Eindruck, dass es Frauen leichter fallen wird, dies zu verstehen, als Männern.

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Ich will euch hier zu nichts überreden. Ich will euch herausfordern, über die Tellerränder eurer Traditionen zu gucken, und dem Wirken von Gottes Geist in euch Raum zu geben. Probiert Neues aus, und macht eure eigenen Erfahrungen.

Was wir heute dringend brauchen, sind Menschen, die das Wirken Gottes erkennen, das uns in die Zukunft führt. Menschen, welche die Dunkelheit ihrer Seele durchlebt haben, sich in Versuchungen bewährt haben und angetrieben werden von einer Kraft, die „nicht von dieser Welt“ ist.

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Kann man sowas lernen?

Von Jesus lesen wir, dass er durch die Zeit der Einsamkeit in der Wüste verändert worden ist. Dennoch scheint er deswegen nicht seine Anhänger aufgefordert zu haben, in die Wüste zu gehen.

In letzter Zeit hab ich viel Eckhart Tolle gehört, besonder das Hörbuch zum Buch „Jetzt! Die Kraft der Gegenwart“ (zu dem es sogar einen Wikipedia-Artikel gibt). Wie spirituelles Erwachen praktisch funktionieren kann, habe ich in keinem christlichen Buch so gut erklärt gefunden, wie in diesem Buch von Eckhart Tolle.

Das Buch ist nicht ganz neu (es erschien Ende der 90er Jahre), ist aber immer noch lesenswert, weil es um zeitlose Dinge geht. Die amerikanische Originalausgabe war jahrelang auf der New York Times-Bestseller-Liste (auch auf Platz 1). Tolle ist mittlerweile international einer der bedeutendsten spirituellen Lehrer unserer Zeit.

Ich habe den Eindruck, dass Menschen in der spirituellen Szene häufig in der Lage sind, in Jesus etwas zu entdecken, was die meisten Christ*innen verpassen. Ihr „frischer Zugang“ zu Jesus könnte so manch einen alten „christlichen Hasen“ neu beleben. Und auch diejenigen, die Tolle nicht in allen Aussagen zustimmen, werden hier wahrscheinlich trotzdem Inspiration bekommen, biblische Texte und Jesus-Worte (welche Tolle immer wieder zitiert) mit einem frischen Blick zu lesen.

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Jesus sagt am Ende der Bergpredigt:

Wer meine Worte HÖRT und sie TUT [der also Erfahrungen beim Umsetzen der Lehre Jesu macht] gleicht einem Menschen, der sein Haus auf ein festes Fundament baut. (Matthäus-Evangelium 7,24 – Hervorhebungen von mir)

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„Hungrige Missionierende“ (9. Teil): Ein erneuert werdendes Bewusstsein

Die Bedeutung von Mängeln und Mangel für die Mission

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Computer-Simulation der verzweigten Architektur der Dendriten von Pyramidenzellen (Neuronen), von Hermann Cuntz via Wikimedia Commons – CC BY 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.5)

 

“Glücklich schätzen
können sich Menschen,
die hungrig und durstig sind
nach Gerechtigkeit.
Sie werden satt werden.”
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(Worte von Jesus aus der Bergpredigt – Bibel, Neues Testament, Matthäus-Evangelium 5. Kapitel, Vers 6)

 

Ein erneuert werdendes Bewusstsein

Göttlicher Geist schenkt auch einen weiten Blick und macht Menschen zu Visionären. Gottes Absicht ist immer noch größer als unser Verstehen. Sie ist der Ausgleich unseres Mangels und das Ziel der Weltgeschichte: Die Rückkehr ins Paradies. Bis hin zu unserem Ziel der Fülle Christi (Eph 4,13) befinden wir uns auf einem Weg des Segens und des Mangels.

Schon im ersten Teil unserer Bibeln (Altes Testament) wird deutlich, dass Gottes Absicht größer ist, als die Fürsorge für ein einzelnes Volk. Das Buch Jona, z.B., ist ein erstaunliches Dokument jüdischer Feindesliebe (Ninive war eine Metropole der Feinde Israels).

 

„…Und ich sollte kein Mitleid haben mit Ninive, dieser große Stadt, in der mehr als 120.000 Menschen leben, die Gut und Böse nicht unterscheiden können, und dazu noch so viele Tiere?“

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(Mit diesen Worten Gottes endet das kleine Buch „Jona“, Jona 4,11 – Bibel / Tanach / Altes Testament)

 

Es ist diese Perspektive, die sich dann schon in der ersten Generation der Christen Bahn bricht: Die gute Nachricht eines liebenden Gottes für alle Völker. Kein Platz bleibt mehr für die Vorherrschaft eines einzelnen Volkes. Universalisierung des Glaubens an einen einzigen, einenden Gott. Menschen aller Völker werden Schwestern und Brüder…

Schon die ersten Christen taten sich schwer damit, die Konsequenzen aus dieser großartigen Vision zu verstehen. Heftige Streitigkeiten begleiteten das Christentum von Anfang an. Gleichzeitig erlebten sie allerdings auch die außerordentliche zusammenführende und verbindende Kraft des Glaubens an den Mann aus Nazareth. So war die Vision der einen Menschheitsfamilie gleichzeitig auch Auftrag an die Christen, eine solche Einheit zu verwirklichen und vorzuleben.

 

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Kapelle des Heiligen Ananias aus dem 1. Jahrhundert; Foto von Axilera via Wikimedia Commons – CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

 

 

„Ich bete darum, dass sie alle eins sind – sie in uns, so wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin. Dann wird die Welt glauben, dass du mich gesandt hast.

Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich nun auch ihnen gegeben, damit sie eins sind, so wie wir eins sind. Ich in ihnen und du in mir – so sollen sie zur völligen Einheit gelangen, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und dass sie von dir geliebt sind, wie ich von dir geliebt bin.“

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(Johannes-Evangelium 17,21-23 – Neues Testament)

 

Es ist sicherlich kein Zufall, dass es einer der späteren neutestamentlichen Texte ist, in dem Jesus betet: “…dass sie alle eins seien (Joh 17,21)” Der Text verweist zugleich auch auf die Quelle dieser Einheit: Das Geheimnis der Einheit von Jesus und Gott. In den darauffolgenden Jahrhunderten wurde dann gerade das Definieren dieses Geheimnisses der Anlass, aufgrund dessen sich Menschen, die sich Christen nannten, bis aufs Blut bekämpft haben. Eine der vielen Fragwürdigkeiten in der Geschichte der Christenheit. Und der Streit darüber hat bis heute nicht aufgehört!

Als Schüler von Jesus sind wir Lernende. Die Bezeichnung “Lernende” setzt Mangel voraus. Wir sind Menschen, die auf ein klares Ziel hin reifen. Unser Bewusstsein wird erneuert und unsere Sinne geschärft, um das Wirken Gottes in unserer Zeit und Welt und in unserem persönlichen Leben immer besser wahrzunehmen und immer mehr damit übereinzustimmen. – Sattheit macht uns dumpf und träge, Hunger schärft unsere Sinne.

 

„Das soll dazu führen, dass wir alle in unserem Glauben und in unserer Kenntnis von Gottes Sohn zur vollen Einheit gelangen und dass wir eine Reife erreichen, deren Maßstab Christus selbst ist in seiner ganzen Fülle. Denn wir sollen keine unmündigen Kinder mehr sein…“

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(Epheserbrief 4,13-14 – Neues Testament)

 

Teil der Erneuerung des Bewusstseins ist ein moralisches Leben: Übernehmen von Verantwortung für das eigene Leben, Wahrhaftigkeit, Anerkennen von Schuld usw.  Moralität, Wertesysteme und generationsübergreifende Wertetraditionen sind grundlegend nicht nur für das Christentum. Leben mit einem guten Gewissen gibt Stabilität, Klarheit und Kraft.

 

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Die „Zehn Gebote“ vor dem State Capitol in Austin (USA), via Wikimedia Commons – public domain

 

Als moralische Wesen sind wir Teil von Wertesystemen. Wir erlernen Werte beim Aufwachsen in unserem Umfeld und unserer Kultur. Diese Werte sind relativ. Andere Kulturen haben abweichende Werte. Zu einem reifen Menschen gehört die Fähigkeit, über die eigenen Wertesysteme hinaus denken und das Deuten und Bewerten von Situationen in anderen kulturellen Zusammenhängen lernen zu können. – In einer anderen Kultur erfahren wir schnell Mangel, den wir Zuhause nie erlebt hätten…

Die Entstehung von Wertesystemen, Wertevermittlung und generationsübergreifende Wertetradition sind wichtige Themen für Christentum und Mission. Ein geistliches Leben geht allerdings über Moralität noch weit hinaus. Es geht um die Reifung des ganzen Menschen, die Entfaltung allen menschlichen Potentials, die Entwicklung einer persönlichen und kollektiven Spiritualität, das Christusbewusstsein des neuen Menschen und der neuen Schöpfung. Ein Lern- und Reifungsprozess, mit dem wir nie fertig werden.

 

„Liebe ist geduldig, Liebe ist freundlich. Sie kennt keinen Neid, sie spielt sich nicht auf, sie ist nicht eingebildet. Sie verhält sich nicht taktlos, sie sucht nicht den eigenen Vorteil, sie verliert nicht die Beherrschung, sie trägt keinem etwas nach. Sie freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht, aber wo die Wahrheit siegt, freut sie sich mit.
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Alles erträgt sie, in jeder Lage glaubt sie, immer hofft sie, allem hält sie stand.“
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(Paulus im ersten Brief an die Christen in Korinth 13,4-7 – Neues Testament)
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„Die Frucht hingegen, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung…“
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(Paulus im Brief an die Christen in Galatien 5,22-23)

 

Wir sehen uns heute mit Herausforderungen konfrontiert, wie niemals zuvor in der Geschichte der Menschheit. Aber wir haben auch Möglichkeiten des Lernens und der Zusammenarbeit wie niemals zuvor. Die modernen Schüler von Jesus tragen mit allem, was ihnen gegeben ist, eine große Verantwortung.

 

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Bild: Emergent Forum / Christoph Bartels

 

“Glücklich schätzen
können sich Menschen,
die hungrig und durstig sind
nach Gerechtigkeit.
Sie werden satt werden.”

 

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Reiner Geist – Heiliger Geist

 

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Computer-Simulation der verzweigten Architektur der Dendriten von Pyramidenzellen (Neuronen), von Hermann Cuntz via Wikimedia Commons – CC BY 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.5)

 

Glücklich schätzen
können sich Menschen,
die ein reines Herz haben.
Sie werden Gott schauen.

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(Eine der sogenannten „Seligpreisungen“ von Jesus aus der Bergpredigt. – Bibel, Neues Testament, Matthäus-Evangelium, 5. Kapitel, Vers 8)

 

Was ist dir heilig?

Vielleicht hast du auch eine Gewohnheit, die dir ganz besonders viel bedeutet; wie das Schauen einer bestimmten TV-Serie oder die Tasse Kaffee am Morgen.

Manchmal sind es auch Andenken oder Erbstücke, die unersetzlich sind, oder Orte und Menschen, die uns heilig sind. – Vielleicht unsere Kinder…?

 

 

Wahre Werte – Zeitlose Werte

 

Ein schlechtes Gewissen

Eigentlich…

Eigentlich sollte ich vieles anders machen…

Eigentlich müsste man mal…

Eigentlich…

 

un-eigentliches leben

 

Epoche des Zeitvertreibs und der Ablenkungen. – Bunte, sich bewegende Bilder ziehen uns magisch an.

Im Durcheinander unserer Gedanken und Leidenschaften entsteht ein ruhiger, klarer Geist wie ein Erwachen…

 

„… Was Gott ans Licht bringt,
wird hell…
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»Erwache
aus deinem Schlaf!
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Erhebe dich von den Toten!
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Und Christus
wird dein Licht sein.«
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Achtet also genau darauf,
wie ihr lebt:
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nicht
wie unwissende,
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sondern

wie weise Menschen…“

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(Neues Testament, Epheserbrief 5,14-15)

 

Interessant ist, dass sowohl das deutsche Wort „Gewissen“, als auch das englische Wort „conscience“ sprachgeschichtlich verwandt ist mit den Worten „Bewusstsein“ bzw. „consciousness“. Martin Luther spielt bei der Entstehung des deutschen Begriffs „Gewissen“ übrigens auch eine Rolle. Beim griechischen Wort „syneidēsis“ (Griechisch ist die Originalsprache des Neuen Testaments) und dem entsprechenden Begriff „conscientia“ im Latein schwingt die Bedeutung „mit-wissen“ mit („syn-“ bzw. „con-“ = „mit“).

 

„… dies ist der Bund,
den ich mit dem Haus Jissrael schließe nach diesen Tagen,
ist SEIN Erlauten:
ich gebe meine Weisung in ihr Innres,
auf ihr Herz will ich sie schreiben,
so werde ich ihnen zum Gott,
und sie, sie werden mir zum Volk.

Und nicht brauchen sie mehr zu belehren
jedermann seinen Genossen, jedermann seinen Bruder,
sprechend:
Erkennet IHN!
Denn sie alle werden mich kennen,
von ihren Kleinen bis zu ihren Großen,
ist SEIN Erlauten.
Denn ihren Fehl will ich ihnen verzeihen,
ihrer Sünde nicht mehr gedenken.
So hat ER gesprochen,
der die Sonne zum Licht gibt bei Tag…“

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(Bibel / Tanach / Altes Testament, Jirmejahu / Jeremia 31,33-35, Buber-Rosenzweig-Übersetzung)

 

Ein geheiligter Geist

Heil. Ganz. Gesund. Vollkommen.

Das Motiv des Reinen und Unbefleckten spielt kulturgeschichtlich eine große Rolle. – Das Neue, Unbeschädigte, Unverbrauchte. Die Unschuld. Das Ideal. Der reine Gedanke…

Das Motiv des Reinen ist auch eine unmittelbare menschliche Erfahrung. Wie eine Decke aus frisch gefallenen Schnee, wo noch niemand einen Abdruck hinterlassen hat. Wie ein weißes Blatt Papier. Ein ruhige, spiegelglatte Wasseroberfläche, ein klarer, ruhiger See…

 

„… Über alles Fleisch schütte ich meinen Geistbraus,
daß künden eure Söhne und Töchter,
eure Alten Träume träumen,
eure Jünglinge Schau ersichten.
Und auch über die Knechte, über die Mägde
schütte in jenen Tagen ich meinen Geistbraus…“

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(Bibel / Tanach / Altes Testament, Joel 3,1-2, Buber-Rosenzweig-Übersetzung)

 

Die Vorstellung vom ungestörten, reinen Geist spielt bei Meditation und Spiritualität eine wichtige Rolle. Ungestörtheit des Denkens, Konzentration, Leere, klares Bewusstsein.

 

„… der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
wird eure Herzen und Sinne
in Christus Jesus bewahren…“

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(Apostel Paulus im Brief an die Christen in Philippi, Neues Testament – 4,7)

 

Geistvolles Lernen

Worum geht es in der jüdisch-christlichen Überlieferung? Was sind die roten Fäden unseres Narrativs?

Worum geht es in der Religionspädagogik und in der Predigt am Sonntag?

Wie drängt der Geist Gottes zur Entfaltung in unserem Leben und gestaltet unsere Welt?

 

„Die Unterweisung
in der Lehre unseres Glaubens
hat nur das eine Ziel:
die Liebe,
die aus einem reinen Herzen,
einem guten Gewissen
und einem aufrichtigen Glauben kommt.“

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(Paulus im ersten Brief an seinen Mitarbeiter Timotheus, Neues Testament – 1,5)

 

„… die Liebe Gottes
ist ausgegossen in unsre Herzen
durch den Heiligen Geist,
der uns gegeben ist…“

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(Paulus im Brief an die Christen in Rom, Neues Testament – 5,5)

 

Von unserem tiefsten Wesen her, sind wir Empfangende und Begegnende:

Wir besitzen nichts, das wir nicht empfangen haben,
und in der Begegnung werden wir zum Selbst.

 

„…dass sie alle eins seien.
Wie du, Vater, in mir bist
und ich in dir,
so sollen auch sie in uns sein…“

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(Jesus im Johannes-Evanglium, Neues Testament – 17,21)

 

„.. Gott ist Liebe,
und die in der Liebe bleiben,
bleiben in Gott,
und Gott in ihnen…“

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(1. Johannesbrief, Neues Testament – 4,16)

 

Einfach das Beste.

Das Wertvollste.

Das Allerheiligste.

 

Blüten, Watte, Kletten und Kleber

 

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Blütenstand der Kletten-Ringdistel; Foto von Franz Xaver via Wikimedia Commons – CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)

 

Blüten, Watte, Kletten und Kleber. – Was könnte man damit wohl anfangen?

 

„Schönster Herr Jesu …“

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(Titel eines alten Kirchenliedes)

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„He’s the ‚Lily of the Valley,‘ the Bright and Morning Star
He’s the fairest of ten thousand to my soul.“

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(Refrain eines alten Gospel-Songs)

 

Vor fast 2000 Jahren nahm mit dem Mann aus Nazareth eine Bewegung ihren Anfang, die bis heute nicht zum Erliegen gekommen ist. – Erstaunlich

 

Blüten

Farbenprächtige Blüten. – Das Make-up von Frauen kann da kaum mithalten. – Schönheit ist anziehend.

Schönheit wirkt in ihrer Unmittelbarkeit. Der schweifende Blick verweilt dort, und schenkt ihr Aufmerksamkeit. Eine Verbindung entsteht zwischen der sinnlichen Wahrnehmung und dem eigenen Bewusstsein für Schönheit.

 

… Siehe, wie fein und lieblich ist’s, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen!

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(Bibel / Tanach / Altes Testament, Psalm 133, Vers 1)

 

Herzens-Schönheit kommt aus der Tiefe eines Lebens. – Es gibt wohl kaum etwas Attraktiveres als wahre Liebe …

Wie müsste wohl eine schöne Frömmigkeit und eine attraktive Spiritualität aussehen?

Welche Bedeutung hat Ästhetik in der Theologie?

 

„Ihr seid das Licht der Welt …“

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(Jesus in der Bergpredigt, Bibel, Neues Testament, Matthäus-Evangelium, 5. Kapitel, Vers 14)

 

Blüten haben farbenfrohe Leuchtkraft. Sie sind ein Anziehungspunkt für die Sinne und erregen Aufmerksamkeit, machen neugierig. Sie stimulieren unsere Wahrnehmung.

Kenner können eine Pflanze an den Blüten identifizieren. Die Gestalt der Blüte ist Teil der Identität einer Pflanze. Durch die Blüten sind Pflanzen leichter für uns erkennbar. Blüten geben uns Information und Orientierung. Sie locken Insekten an und werben um Aufmerksamkeit.

Auch Jesus erregte Aufmerksamkeit, und sein Leben hatte ein deutliches Profil. Schon bald hatte er den Ruf eines Freundes der „Zöllner und Sünder“. – Schönheit, von einer anderen Art.

Wie entsteht eine gesellschaftliche Bewegung? Wie führt man Menschen und auseinander-strebende Kräfte zusammen? Wie bündelt man Energie und Ressourcen?

Ein Licht in der Dunkelheit bringt Menschen zusammen. Eine Kerze im Fenster in dunkler Nacht zeigt dem Verlorenen den Weg nach Haus.

Manche Gottesdienste sind kaum mehr als christliche Selbstdarstellung, und manche Gemeinden lediglich Vereine frommer Typen, die nicht gestört werden möchten.

Wie müsste eine anziehend schöne Gemeinschaft von Menschen aussehen?

Es gibt eine Schönheit des Lebens, in all seiner Wildheit und Unberechenbarkeit. Helfende Hände für Menschen in Not. Offene Türen für Einsame. Gastfreundschaft für Fremde. Freundlichkeit für Verbitterte. Herzenswärme für frierende Seelen … – Lichter der Hoffnung und Blüten der Hoch-zeit des Lebens.

 

Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, schön wie eine Braut, die sich für ihren Bräutigam geschmückt hat.

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(Neues Testament, Offenbarung, 21,2)

 

Watte

Watte ist sanft und schützt Zerbrechliches. Lebendiges ist zerbrechlich.

Babys werden weich eingepackt. Weiches, das nachgeben kann, schützt vor Verletzungen. Weiches kann sich auch an harte Stellen und Kanten anpassen.

Nicht alle Lebewesen sind allerdings in gleichem Maße zerbrechlich, und manche haben einen konflikt-freudigeren Lebensstil. Immer wieder prallen wir Menschen aufeinander, und das kann weh tun.

 

Vertraut euch meiner Leitung an und lernt von mir. Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig. Dann werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn dieser Weg ist einfach, und die Last leicht.

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(Matthäus-Evangelium 11,29-30)

 

Von Gruppen, die hart und glatt sind, prallen manche Menschen ab. Eine jesuanische Gemeinschaft, die sich an der Überlieferung von Jesus orientiert, müsste einladend weich und flexibel sein, und einen Ruf haben, der Zaghaften Mut macht, sich zu nähern und anzuschließen. Ein klares jesuanisches Profil, das erkannt wird und leuchtet. Weit ausgestreckte Arme, die auch noch den letzten Verlorenen erreichen.

Wo Menschen sich nahe kommen, lassen sich Spannungen und Konflikte nicht vermeiden. Sie sind auch notwendig, um an ihnen zu wachsen. Es gibt allerdings gewaltige Unterschiede, wie mit ihnen umgegangen wird. Und wer sich angenommen weiß, läuft auch bei Schwierigkeiten nicht gleich davon.

Nicht jeder empfindliche Mensch ist auch sanft. Sanfte Menschen gehen sanft mit anderen Menschen um. Auch Sanftmut kommt aus der Tiefe eines Lebens. Sie entsteht in einem Leben mit Gott.

 

Die Frucht, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung …
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(Paulus im Brief an die Christen in Galatien, 5,22-23)

 

Kletten

Viele biblischen Texte können für uns ein Vorbild sein. Ihre Motive haben sich in der Kulturgeschichte der Menschheit festgesetzt wie Kletten. Gedanken mit Widerhaken. Worte, die sich festsetzen und bleiben. Reizvoll und herausfordernd.

Nachhaltige Kommunikation. Dauerhafte Veränderung. Bilder, die begleiten und verfolgen. Eindrücke und Erfahrungen mit Kraft. Lebensenergie. – Gelockt und gereizt, eingewickelt und verwoben. Gezogen mit Stricken der Liebe.

 

Denkt an den Regen und den Schnee! Sie fallen vom Himmel und bleiben nicht ohne Wirkung: Sie tränken die Erde und machen sie fruchtbar; alles sprießt und wächst. So bekommt der Bauer wieder Samen für die nächste Aussaat, und er hat genügend Brot zu essen.
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Genauso ist mein Wort: Es bleibt nicht ohne Wirkung, sondern erreicht, was ich will, und führt das aus, was ich ihm aufgetragen habe.
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(Bibel / Tanach / Altes Testament, Jesaja 55,10-11)

 

Es wäre gut, wenn da die Theologen ihre sprachliche Kompetenz, neben ihren altsprachlichen Fähigkeiten noch erweitern würden:

Poesie der Theologie

Vielleicht regt dieses Beispiel auch ein bisschen dazu an:

 

 

 

Denn Gottes Reich gründet sich nicht auf Worte, sondern auf seine Kraft.

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(Paulus im Ersten Brief an die Christen in Korinth, 4,20, Neues Testament)

 

Was am Ende bleibt, ist das Ergebnis. Die Wirkung unseres Denkens und unserer Worte und Taten. Die Frucht eines kurzen oder langen Lebens, und der Ertrag von viel oder wenig Investitionen.

Etwas das gut ist, muss auch gut sein für die, die nach uns kommen.

 

Das Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; das ist das kleinste unter allen Samenkörnern; wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum, dass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen.
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(Matthäus-Evangelium 13,31-32)

 

Kleber

Jemand, schon vor längerer Zeit, hatte die Idee den damals beliebten Aufkleber „Jesus lebt“ in „Jesus klebt“ umzuwandeln. – Wie passend für einen Aufkleber. – Es hat auch einen tieferen Sinn:

Jesus verbindet Menschen.

Schon in einem älteren Kirchenlied hieß es ja:

 

„… an dir wir kleben
in Tod und Leben.
Nichts soll uns scheiden …“

 

Menschen verbinden Menschen mit einander. Manche Menschen haben dafür eine besondere Begabung und werden immer wieder zur Keimzelle für neue Gruppen und Netzwerke. Ob dies dann allerdings auch von Dauer ist, hängt von dem ab, was die Menschen darüber hinaus miteinander verbindet.

Eigentlich ist im Universum irgendwie sowieso alles mit allem verbunden. Und noch darüber hinaus verbindet uns  als Menschen  viel mehr, als uns trennt.  Unser Menschsein  verbindet uns und gibt uns eine Identität, die wir nicht abschütteln könnten, selbst wenn wir es wollten. Unser Menschsein klebt an uns, und wir kleben an der Menschheit und ihrer Geschichte.

Das Geheimnis des Lebens verbindet alles Lebende. Unsere Menschlichkeit verbindet uns als Menschheitsfamilie. Eine religiöse Überlieferung verbindet Gläubige. Eine gemeinsame Sprache verbindet eine Sprachgemeinschaft. Gemeinsame Werte und kulturelle Tradition verbindet ein Volk. Eine Gegend verbindet Nachbarn. Menschen, die sich treffen, verbindet Zeit und Ort.

Alles ist uns geschenkt worden. Nichts haben wir als Einzelne in diese Welt hineingebracht, das nicht schon da gewesen wäre, und auch unsere Einzigartigkeit als Individuum haben wir nicht selbst hervorgebracht.

Ein Bewusstsein dessen, das uns anvertraut worden ist, könnte uns alle mit einander verbinden; das, was uns wertvoll ist. – Fürsorge für alles, das lebt.

 

„… Es kommt die Zeit, da werde ich meinen Geist ausgießen über alle Menschen. Männer und Frauen werden die Worte Gottes sprechen. Alte Menschen werden noch Träume haben, und junge Menschen Visionen. Sogar über unfreie Menschen werde ich meinen Geist ausgießen.“
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(Bibel / Tanach / Altes Testament, Joel 3,1-2)

 

Geist erzeugt eine geistige Bewegung. Der heilige Geist des Lebens und der Liebe lässt eine Gemeinschaft der Liebenden entstehen. Er berührt Menschen, erfasst, erneuert und verbindet sie.

 

… Gott ist Liebe; und die in der Liebe bleiben, bleiben in Gott, und Gott in ihnen.

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(Neues Testament, Erster Brief von Johannes 4,16)

 

Wie entsteht aus einzelnen Menschen Gemeinschaft und eine gesellschaftliche Bewegung?

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Wenn Menschen in Kontakt kommen ereignet sich etwas: Man verändert sich gegenseitig und Verbindungen entstehen. Wenn Menschen sich treffen, ist es, wie wenn Galaxien sich annähern und beeinflussen, und Neues entsteht. Es entsteht auch eine Kultur der Wahrnehmung und des Umgangs mit einander. Menschliche Gemeinschaft ist wie vielschichtiges, komplexes Gewebe, gesponnen aus vielen Fäden.

Blüten, Watte, Kletten und Kleber. Scheinbar zufällig auf einander treffende Wörter; wie die Menschen in einer Stadt, wenn sie sich begegnen, oder in einen neuen Kiez mit fremden Menschen ziehen.

Die Community der Menschen, die dem Vorbild von Jesus folgen, ist deutlich zu erkennen und anziehend wie eine leuchtende Blüte.

Sie ist weich wie Watte, so dass auch die empfindlichsten Seelen sich nicht verletzen. Einladend und liebevoll, so dass Menschen dort leicht ankommen und sich zuhause fühlen können.

In einer solchen Gemeinschaft entstehen reizvolle, inspirierende, klettige Eindrücke. Bilder und Worte, die hängenbleiben und im Alltag begleiten. Erfahrungen, die die Seele satt machen, und die bleiben.

Mit einer verantwortungsbewussten, herzlichen Liebe, die Menschen verklebt, wie Pech und Schwefel.

Anziehen, annehmen, anreizen und ankleben; und oft alles gleichzeitig.
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Mit Blüten, Watte, Kletten und Kleber bauen wir eine
neue, schöne Welt.

 

Schlechte Nachrichten – Gute Nachrichten

 

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TV-Übertragungswagen des englischsprachigen, staatlich finanzierten Fernsehsenders Russia Today in Moskau; von Jürg Vollmer / Maiakinfo [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)%5D, from Wikimedia Commons
 

 

Nachrichten fallen nicht vom Himmel.

Nachrichten sind Produkte von Journalisten, hergestellt in menschlicher Handarbeit mit subtiler Raffinesse. Im hart umkämpften Nachrichtenmarkt müssen Nachrichten attraktiv sein …

Es gibt Großhändler von Nachrichten:  Die „Deutsche Presse-Agentur (dpa)“, Associated Press (AP), Reuters, usw.  Mit diesen Firmen hat der Endverbraucher normalerweise nichts zu tun. Er/sie kauft seine/ihre Nachrichten beim „Einzelhändler“.

Nachrichten- und Presseagenturen

Zum deutschen Markt heißt es bei Wikipedia (Stichwort „Nachrichten- und Presseagentur„):

Die Marktanteile bei Tageszeitungskunden waren 2006 folgende: 95,7 % DPA, AP 47,1 %, AFP 47,8 %, Reuters 33,3 %, ddp 30,4 % – wobei ddp mittlerweile (Stand: 2016) aufgrund einer Insolvenz vom Markt verschwunden ist.

(abgerufen am 26.05.2018, 21:30 Uhr)

Die Agentur mit dem größten Marktanteil (dpa) ist eine GmbH. Zur Deutschen Presse-Agentur GmbH heißt es bei Wikipedia (Deutsche Presse-Agentur):

Die 185 Gesellschafter der dpa sind ausschließlich Medienunternehmen wie Verlage und Rundfunkanstalten. Damit sind Gesellschafter und Kunden der Agentur größtenteils identisch.

(abgerufen am 26.05.2018, 21:31 Uhr)

Die Medien

Das Objektivitäts-Ideal des Journalismus ist lobenswert. Aber in welchem Umfang lässt sich dieses Ideal in der Nachrichten-Industrie aufrecht erhalten? Und wie viele von denen, die an der Nachrichtenproduktion und -präsentation beteiligt sind, haben an Objektivität noch ein leidenschaftliches Interesse?

Vor fast vier Jahren (29.04.2014), z.B., wurde beim politischen Kabarett „Die Anstalt“ (ZDF) auf Verbindungen zwischen Journalisten und Lobbyisten hingewiesen. Aufgrund von juristischem Druck, entfernte das ZDF später die Folge. Bei YouTube ist sie zur Zeit noch zu finden.

Mir geht es nicht darum, alle Journalisten unter Generalverdacht zu stellen. Andererseits wäre jedoch auch ein blindes Vertrauen in einen sauberen Journalismus angesichts der Gegebenheiten verantwortungslos.

Kultur

Letztendlich ist das Weltbild, das durch die Medien vermittelt wird, eine Art „Fantasiewelt“. Die erzeugte Illusion mag weitgehend mit der Wirklichkeit übereinstimmen; jedoch ist es dem Einzelnen in der Regel nicht möglich nachzuprüfen, in welchen Punkten und in welchem Umfang die Darstellungen der Medien von der Wirklichkeit abweichen.

Es geht allerdings auch nicht nur um Wirklichkeit. Es geht auch um das Bedienen der Interessen der Konsumenten; wozu u.a. auch die Schaffung bzw. Aufrechterhaltung eines gesellschaftlichen Narrativs gehört.

Ein Narrativ stiftet Identität und dient der Wertevermittlung. Vielleicht wird gerade deswegen vermehrt über Narrative gesprochen, weil wir als deutsches Volk kein einheitliches Narrativ besitzen. Früher war es einfacher eine Antwort auf die Frage zu geben: „Was ist deutsch?“ (Auch wenn die Antwort vielleicht falsch wahr.)

Etwas muss wohl dran sein an der Idee des Narrativs. Nach dem Begriff der „linguistischen Wende“ existiert ja seit einiger Zeit auch der Begriff der „narrativen Wende“. In unserer Multi-Options-Gesellschaft gibt es selbstverständlich nicht nur ein Narrativ, sondern es ist eine Vielfalt an Narrativen im Angebot. Kultur als Selbstbedienungsladen: „Bitte bedienen Sie sich!“

Die Verantwortung des Konsumenten

Wenn wir uns als Konsumenten mehr unserer Macht bewusst wären (wir sind ja schließlich diejenigen, die alles finanzieren), dann könnten wir, von unserer Seite der Wirtschaft aus, die Märkte und das Wirtschaftsleben gestalten, anstatt uns mit der Opfer-Rolle zufrieden zu geben. Wir könnten unser eigenes „Nachrichten-Verhalten“ kritisch überprüfen und alle zu Kultur-Erschaffenden werden. Aktivität statt Passivität. Aus der Couch erheben …

Welche Nachrichtenkanäle benutze ich? Welche Zeitung kaufe ich? Welche Webseiten klicke ich an? Welche Nachrichten teile ich? Was für Neuigkeiten frage ich nach? Auf welche Skandale und Eilmeldungen reagiere ich? Welchen Raum gebe ich dem „Aktuellen“ in meinem Leben?

Wo und wann frage ich kritisch nach? Bin ich bereit für Qualitäts-Journalismus auch Geld auszugeben? Mische ich mich selbst ein und trage bei zur Verbreitung von gut gemachten Nachrichten?

Wir können trotz aller eigenen Begrenztheit uns zumindest bemühen, einen sauberen Journalismus zu unterstützen und die Kritik an der Macht der Medien wach zu halten.

Was tun wir als Christen?

Den Kopf in den Sand zu stecken und als Christ nur noch die Bibel zu lesen, kann wohl kaum eine verantwortbare Alternative zum Nachrichten-Konsum sein. Auch als Christen leben wir in einer Informationsgesellschaft, in der Medien eine gewaltige Rolle spielen. Selbst wenn wir nicht mehr mitspielten, würden die anderen ohne uns weiter machen.

Wir können unsere Sinne schärfen. Welche Wirkung hat mein Nachrichten-Konsum in meinem Leben? Was nützt er mir und welche Auswirkungen hat er auf andere Menschen?

Und wir können ein himmlisches Narrativ den Narrativen dieser Welt entgegensetzen:

Gute Nachricht!

Die Gute Nachricht von der Herrschaft Gottes wurde geboren, als der Himmel und die Erde sich küssten. Jesus aus Nazareth. Kreuz und Auferstehung.

Liebe statt Hass. Licht anstelle von Dunkelheit. Aufrichtigkeit statt Lügen. Statt Verirrungen ein Weg der ans Ziel führt. Entschlossenheit statt Ablenkungen. Geduld und Hartnäckigkeit anstelle von Sinnlosigkeit. Kraft statt Erschöpfung. Frieden statt Krieg und Streit. Herz statt Kopf, und Gemeinwohl anstelle von Einzelinteressen. Gemeinschaft statt Egoismus, Befreiung statt Sklaverei. Gerechtigkeit anstelle von Profit-Steigerung. Verantwortung statt Spaßkultur. Einfachheit anstelle von Optimierungswahn. Vertrauen statt Perspektivlosigkeit, Vergebung anstelle von Schulden. Statt Müll und der Zerstückelung des Lebens, das Ewige, Heilige berühren. Leben statt Tod. Menschheitsfamilie statt Einsamkeit.

Es existiert eine gute Nachricht, für alle Menschen dieser Welt. Geboren aus einem guten Geist, auf dem Weg zur Heilung der Welt. Wo Herzen sich berühren und Leben sich verwandelt in Herrlichkeit. Himmel auf Erden …