„Ich muss dir was beichten …“

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Beichte in der Heilig-Kreuz-Basilika in Warschau – Foto: Ivonna Nowicka, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

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Habt ihr das schon mal zu jemanden gesagt? „Ich muss dir was beichten …“

Manchmal haben wir ein schlechtes Gewissen und fühlen uns innerlich gedrängt, einem anderen etwas zu sagen, über das er vermutlich nicht erfreut sein wird.

Es gibt das Beichten auch als alte Tradition in der Kirche. „In der römisch-katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen ist die Beichte eines der sieben Sakramente.“ (Wikipedia)

Meine Verlobte Peggy und ich beichten gerne im Beichtstuhl. Wir haben uns mal darüber in einem Video unterhalten, das ihr hier finden könnt:

Warum wir lieber im Beichtstuhl beichten und das Sakrale lieben? mit Christian Schmill

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Heilsame Kränkung

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Die Bergpredigt von Jesus. Gemälde von Carl Bloch. – Public domain, via Wikimedia Commons

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„Verurteilt niemand, damit auch ihr nicht verurteilt werdet. Denn so, wie ihr über andere urteilt, werdet ihr selbst beurteilt werden, und mit dem Maß, das ihr bei anderen anlegt, werdet ihr selbst gemessen werden.

Wie kommt es, dass du den Splitter im Auge deines Bruders siehst, aber den Balken in deinem eigenen Auge nicht bemerkst? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: ›Halt still! Ich will dir den Splitter aus dem Auge ziehen‹ – und dabei sitzt ein Balken in deinem eigenen Auge?

Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem eigenen Auge; dann wirst du klar sehen und kannst den Splitter aus dem Auge deines Bruders ziehen.“
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(Jesus in der Bergpredigt – Bibel, Neues Testament, Matthäus-Evangelium, 7. Kapitel, Verse 1-5)

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Diese Verse sind für mich einer der großartigsten Texte in der Bibel. Biblische Psychologie.

Man könnte sich durch diesen Text allerdings auch gekränkt oder beleidigt fühlen: Soll ich etwa ein „Heuchler“ sein? Sollen diese Verse auch für mich gelten?

Die Vorstellung ist schon etwas skurril: ein Balken im Auge … Es scheint allerdings in der Tat so zu sein, dass unsere Wahrnehmung beeinträchtigt ist. Manchmal sprechen wir nicht vom „Balken im Auge“, sondern vom „Brett vor’m Kopf“. Andere können unser Brett bzw. unseren Balken leicht erkennen, aber wir selbst sind dafür blind. Wir sind zu dicht dran. Wir hatten unseren Balken schon, solange wir denken können, und haben uns so an ihn gewöhnt, dass er uns gar nicht auffällt.

Jesus spricht in der Bergpredigt davon, dass wir den Balken aus unserem Auge ziehen sollen. – Ist das möglich? Sollten wir wirklich diesen Balken aus unserem Auge entfernen können?

Für mich ist das Enneagramm in den vergangenen Jahren zu einem wertvollen Hilfsmittel geworden, um den Balken aus meinem Auge zu entfernen. Wahrnehmungstraining. Mich selbst und andere besser erkennen und verstehen. Barmherziger werden mit mir selbst und der Welt. Die Wahrheit macht uns frei, aber zunächst kränkt sie uns, indem sie uns erkennen lässt, wie wir wirklich sind.
Wenn sich der Balken in unserem Auge auflöst, dann können wir den Splitter im Auge unseres Mitmenschen viel besser erkennen. (Falls dieser sich nicht auch bereits aufgelöst hat …)

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… so wird meine Seele gesund!

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Jesus und der Hauptmann von Kafarnaum, Gemälde von Paolo Veronese, entstanden ca. 1571. – Public domain, via Wikimedia Commons

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Im Text der Liturgie der katholischen Messe heißt es an einer Stelle:

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„Herr,
ich bin nicht würdig,
dass du eingehst unter mein Dach;
aber sprich nur ein Wort,
so wird meine Seele gesund.“
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Katholische Liturgie

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Ich liebe diese Stelle in der Liturgie.

Sie ist inspiriert bzw. ein „halbes Zitat“ aus der neutestamentlichen Erzählung vom Hauptmann von Kafarnaum. (Nein, nicht der Hauptmann von Köpenick.)

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„Als er nach Kafarnaum kam, trat ein Hauptmann an ihn heran und bat ihn:

‚Herr, mein Diener liegt gelähmt zu Hause und hat große Schmerzen.‘

Jesus sagte zu ihm:

‚Ich will kommen und ihn heilen.‘

Da antwortete der Hauptmann:

‚Herr, ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach einkehrst; aber sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund! Denn auch ich muss Befehlen gehorchen und ich habe selbst Soldaten unter mir; sage ich nun zu einem: Geh!, so geht er, und zu einem andern: Komm!, so kommt er, und zu meinem Diener: Tu das!, so tut er es.‘

Jesus war erstaunt, als er das hörte, und sagte zu denen, die ihm nachfolgten:

‚Amen, ich sage euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemandem gefunden.‘ […]

Und zum Hauptmann sagte Jesus:

‚Geh! Es soll dir geschehen, wie du geglaubt hast.‘

Und in derselben Stunde wurde sein Diener gesund.“
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(Matthäus-Evangelium, 8.Kapitel, Verse 5-13 – Bibel, Neues Testament)

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Es ist auffällig, dass bei vielen Heilungen Jesus nicht auf seine eigene Macht verweist, sondern auf den Glauben des Hilfesuchenden: „Dein Glaube hat dich geheilt!!“ (Und in der obigen Erzählung scheint es noch nicht einmal der Glaube des Knechtes selbst gewesen zu sein, sondern der Glaube des Hauptmanns.)

Leben bedeutet Wandlung. Die modernen Wissenschaften ermöglichen es uns, dies detaillierter zu verstehen, als jemals zu vor. Ein Baum besteht zum größten Teil aus Luft, weil er den Kohlenstoff, den er zum Wachstum braucht, aus der Luft holt; und jedes Atom unseres Körpers war früher einmal Muttermilch, Babybrei, Fischstäbchen oder ein anderes Nahrungsmittel. Man lebt mit einer anderen Art von Bewusstsein, wenn man sich selbst und Bäume und alles Leben so betrachtet.

In jeder Messe wird die „Wandlung“ gefeiert. Brot wandelt sich in den Leib Jesu. Profanes wird heilig. Lebloses wird zur Quelle des Lebens. So wie Jesus durch Tod und Auferstehung verwandelt worden ist, werden wir mit hineingenommen ins Geheimnis der Verwandlung zum ewigen Leben …

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„Ich bin die Auferstehung
und das Leben.
Wer an mich glaubt,
wird leben,
auch wenn er stirbt.“
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(Jesus im Johannes-Evangelium – Bibel, Neues Testament, 11. Kapitel, Vers 25)

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