„Religiös“ oder nur „spirituell“?

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Religiosität und Spiritualität in Deutschland (Erhebung 2008). – Quelle: Uwe Martens, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

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Bist du ein „religiöser“ Mensch? Oder einfach nur „spirituell“? Gibt es da überhaupt einen Unterschied?

Viele Menschen unterscheiden zwischen den beiden Begriffen „Religion“ und „Spiritualität“. Diese Unterscheidung kommt auch in obiger Grafik/Erhebung zum Ausdruck.

Aber kann man überhaupt religiös sein, ohne gleichzeitig auch spirituell zu sein?

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„Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe:

‚Ihr müsst von Neuem geboren werden.‘

Der Wind bläst, wo er will,
und du hörst sein Sausen wohl;
aber du weißt nicht,
woher er kommt
und wohin er fährt.

So ist ein jeder, der aus dem Geist geboren ist.“
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(Jesus zu Nikodemus im 3. Kapitel des Johannes-Evangeliums,
Verse 7-8 – Bibel, Neues Testament)

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Mir scheint, dass beim Wort „Spiritualität“ die persönliche Erfahrung und Praxis im Vordergrund steht, während beim Wort „Religion“ oder „Glaube“, die Tradition im Vordergrund steht. Individuum oder Kollektiv. Dementsprechend passt der Begriff „Spiritualität“ gut zum Individualismus unserer Zeit und Kultur.

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„Und wenn eure Kinder zu euch sagen werden:

‚Was habt ihr da für einen Brauch?‘

sollt ihr sagen:

‚Es ist das Passaopfer des HERRN, der an den Israeliten vorüberging in Ägypten, als er die Ägypter schlug und unsere Häuser errettete.'“
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(Exodus / 2. Buch Mose / Schemot, 12. Kapitel, Verse 26-27 – Bibel / Tanach)

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Kann Spiritualität überhaupt entstehen, ohne in irgendeiner Weise auf religiöse Vorstellungen und Begriffe zurückzugreifen? Und muss Spiritualität nicht irgendwie „schräg“ werden, wenn sie begrenzt bleibt durch den persönlichen Horizont und nicht mit anderen Menschen und einer Traditionsgemeinschaft verbunden ist?

Was meint ihr? Empfindet ihr auch einen Unterschied zwischen den Begriffen „religiös“ und „spirituell“?

Hinterlasst gerne eure Gedanken in den Kommentaren …

(In diesen Zusammenhang passt auch gut der Artikel von Tobias Faix: „Warum ist Spiritualität so „in“ und Kirche so „out“, Herr Faix?“)

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Mehrheitsreligion oder nur noch eine Option von vielen?

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Im Kölner Dom. (Foto von mir)

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Es gibt kaum etwas, das den Anspruch des Christentums in unserer Region besser verkörpert als der Kölner Dom. Der Eindruck, der von diesem Bauwerk ausgeht, steht allerdings in einem gewissen Widerspruch zu der scheinbar schwindenden Bedeutung des Christentums in einer immer mehr „entkirchlichten“ Gesellschaft. Während früher Taufe, Konfirmation/Firmung etc. selbstverständlich waren, werden diese Ausdrucksformen von Frömmigkeit immer mehr zur „exotischen“ Praxis einer Minderheit und der Kölner Dom erscheint in diesem Umfeld immer mehr wie ein Museum.

In der Frage im Titel dieses Artikels klingt ein „Entweder-Oder-Szenario“ an: Entweder Mehrheitsreligion oder nur eine Option von vielen. Es gibt allerdings noch (mindestens) eine dritte Sicht, die traditionell von manchen Freikirchen vertreten wird: Die „wahre Christentenheit“ wäre demnach immer nur eine Minderheit in einer Gesellschaft und die Alternative zum wahren Christentum wäre demnach nur Verlorenheit und Hölle. (So oder ähnlich.)

Das Judentum (die „Wurzel“ des Christentums) war zunächst ethnisch ziemlich homogen (Mehrheitsreligion). Menschen jüdischen Glaubens, die ins „Exil“ gingen bzw. verschleppt wurden, fanden sich jedoch als Anhänger einer Minderheitsreligion in einer fremden Gesellschaft wieder (Minderheitsreligion). Schon im Judentum gab (und gibt) es auch Reformansätze, wie sie z.B. in den Propheten und Prophetenschulen zum Ausdruck kamen.

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„Jesaja aber ruft aus über Israel: ‚Wenn auch die Zahl der Israeliten wäre wie der Sand am Meer, so wird doch nur der Rest gerettet werden …'“
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(Paulus im Römerbrief, 9. Kapitel, Vers 27 – Bibel, Neues Testament)
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Im 4. und 5. Jahrhundert (Konstantinische Wende) wurde aus dem zum Teil verfolgten Christentum (Minderheitsreligion) praktisch eine Staatsreligion (Volkskirche, Mehrheitsreligion). Die christliche Kultur war im Vergleich zu den Anfängen (Minderheitsreligion) kaum noch wiederzuerkennen und hatte dennoch den Anspruch, den christlichen Glauben bewahrt zu haben.

Mehrheitsreligionen und Minderheitsreligionen sind verbunden mit entsprechenden Ausdrucksformen und Praktiken. Die Art und Weise, wie die entsprechende Frömmigkeit nach Innen und Außen wirkt, sind deutlich unterschiedlich. Man muss, um dies zu erfahren, nur einmal das Gemeindeleben in Volkskirchen (ev./kath.) und Freikirchen vergleichen.

Welche Erfahrungen habt ihr in diesem Zusammenhang gemacht? Wie geht ihr persönlich damit um? – Hinterlasst gerne eure Kommentare …

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Lia Alessandro | „Wieso rufen Sie mich jetzt erst, wo wir vor den Trümmern dieser Kirche stehen?“

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Lia Alessandro für das theologische Feuilleton feinschwarz über katholische Kirche und Ambiguitätstoleranz:

„Wieso rufen Sie mich jetzt erst, wo wir vor den Trümmern dieser Kirche stehen?“ – Eine Zukunftsvision von Kirche

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Eine evangelische Identität: SELK.

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Evangelisch-lutherische Kirche (SELK) in der Annenstraße, Berlin-Mitte. – Foto von mir.

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Gestern war ich mit meiner Verlobten in einer Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirchen (SELK). Diese Gemeinden gehören nicht zu den evangelischen Landeskirchen, daher „selbstständig“.

Informationen zu diesen Gemeinden findet ihr z.B. bei Wikipedia:

Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche

und auf deren Homepage:

Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche

Zur Geschichte der SELK heißt es bei Wikipedia:

„Die kirchengeschichtliche Entstehung und Entwicklung freier und staatsunabhängiger evangelisch-lutherischer Kirchen bis zur heutigen Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche sind äußerst komplex.“
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(Wikipedia)

In diesem Zusammenhang begegnen einem auch die Begriffe „Altlutheraner“ bzw. „altlutherisch“. Die SELK Leipzig erklärt auf ihrer Webseite die Begriffe „Altlutheraner“ und „Union“:

Kleine Konfessionskunde: „Altlutheraner“ und Union

Die Beschäftigung mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten von christlichen Kirchen, Milieus und Mentalitäten kann einem helfen, ein besseres Verständnis von christlicher Identität und sich selbst zu finden.

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„… in Antiochia wurden die Jünger des Herrn zum ersten Mal Christen genannt.“
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(Apostelgeschichte, 11. Kapitel, Vers 26 – Bibel, Neues Testament)

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Giannina Wedde | Rezension von Tilmann Haberers „Von der Anmut der Welt“

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Giannina Wedde rezensiert auf ihrem Blog „klanggebet.de“ ein Buch von Tilmann Haberer:

Tilmann Haberer: „Von der Anmut der Welt“ – Eine Buchbesprechung

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Christentum neu lernen

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Altarraum-Kreuz in Taizé. Foto von Christian Pulfrich, CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0) via Wikimedia Commons

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Nicht nur die „entkirchlichten“ Menschen in Ostdeutschland (so sie sich denn überhaupt dafür interessieren), auch die Gläubigen in allen Regionen des deutschsprachigen Raumes und darüber hinaus, stehen vor der Herausforderung, das Christentum neu zu lernen.

Über Jahrhunderte hinweg waren Kirchen in vielen Gegenden der Welt für die flächendeckende religiöse „Versorgung“ der dort lebenden Menschen zuständig. Heutzutage sieht die Welt anders aus. Der christliche Glaube, so er denn überhaupt als Angebot wahrgenommen wird, ist häufig nur ein religiös-spirituelles Angebot unter vielen.

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„Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen.“
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(Jesus im Matthäus-Evangelium, 11. Kapitel, Vers 28 – Bibel, Neues Testament)

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Werbende Christenheit

Die Selbstverständlichkeit von Kirchenzugehörigkeit gehört der Vergangenheit an. Religiöse Gemeinschaften stehen heutzutage vor der Herausforderung, wahrnehmbar zu sein und Menschen mit ihrer Botschaft und ihrem Angebot zu erreichen.

Die Gläubigen selbst und ihre Gemeinschaften, und insbesondere die herausragenden „Funktionäre“ (manchmal als „Gottes Bodenpersonal“ bezeichnet), sind dabei sozusagen die „Visitenkarten“ ihres Glaubens. – Warum sollte sich jemand für einen Glauben interessieren, dessen Vertreter*innen unsympathisch sind? – Die Ganzheitlichkeit eines menschlichen Lebens kann überzeugender sein als die beste Theorie.

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„Ja, jeder kann sehen, dass ihr selbst ein Brief von Christus seid, den wir in seinem Auftrag geschrieben haben; nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes; nicht auf steinerne Gesetzestafeln wie bei Mose, sondern in menschliche Herzen.“
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(Paulus im 2. Brief an die Gemeinde in Korinth, 3. Kapitel Vers 3 – Bibel, Neues Testament)

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Multiperspektivisch

Wie man einen besonderen Gegenstand hin und her dreht, so lässt sich auch der christliche Glaube heute aus unterschiedlichen Perspektiven wahrnehmen. Ökumenische Begegnung und Zusammenarbeit sind religiöser Alltag in Europa und darüber hinaus. Durch die Unterschiedlichkeit und Vielfalt christlicher Traditionen und Ausdrucksformen lässt sich das Gemeinsame und Wesentliche besser erkennen.

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„Jetzt sehen wir nur ein undeutliches Bild wie in einem trüben Spiegel. Einmal aber werden wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke, doch einmal werde ich alles klar erkennen, so deutlich, wie Gott mich jetzt schon kennt.“
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(Paulus im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth, 13,12)

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Was meint ihr? Müssen wir Christentum neu lernen? Sollten wir zurückkehren zu einem Christentum, wie es früher einmal war?

Hinterlasst gerne eure Gedanken in den Kommentaren … 🙂

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„Ich muss dir was beichten …“

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Beichte in der Heilig-Kreuz-Basilika in Warschau – Foto: Ivonna Nowicka, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

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Habt ihr das schon mal zu jemanden gesagt? „Ich muss dir was beichten …“

Manchmal haben wir ein schlechtes Gewissen und fühlen uns innerlich gedrängt, einem anderen etwas zu sagen, über das er vermutlich nicht erfreut sein wird.

Es gibt das Beichten auch als alte Tradition in der Kirche. „In der römisch-katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen ist die Beichte eines der sieben Sakramente.“ (Wikipedia)

Meine Verlobte Peggy und ich beichten gerne im Beichtstuhl. Wir haben uns mal darüber in einem Video unterhalten, das ihr hier finden könnt:

Warum wir lieber im Beichtstuhl beichten und das Sakrale lieben? mit Christian Schmill

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Identitätsmanagement

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Christus Pantokrator, Ikone im Katharinenkloster auf dem Sinai, 6. Jahrhundert – Unknown artist, Public domain, via Wikimedia Commons

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Dies ist wohl ein Begriff, der vor allem aus der IT-Welt stammt. Unsere moderne Kultur ist bereits weitgehend von Informationstechnologie geprägt worden, bis hinein in unsere Umgangssprache.

Die tiefe Verunsicherung über die eigene Identität ist sicherlich auch ein Zeichen unserer Zeit, bis hinein in unsere körperliche Identität als Mann oder Frau.

Brauchen moderne Menschen die Kompetenz des Managen der eigenen Identität, um das Leben bewältigen zu können?

Und wie sieht es aus mit christlicher Identität? Was bedeutet es heutzutage, wenn jemand sagt:

„Ich bin Christ!“

Ist christliche Identität etwas, das wir selbst „managen“ können?

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„Ja, es ist offensichtlich, dass ihr ein Brief seid, den Christus selbst verfasst hat und der durch unseren Dienst zustande gekommen ist. Er ist nicht mit Tinte geschrieben, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, und die Tafeln, auf denen er steht, sind nicht aus Stein, sondern aus Fleisch und Blut; es sind die Herzen von Menschen …“
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(Paulus im zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth, 3. Kapitel, Vers 3 – Bibel, Neues Testament)

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Christ*innen als Visitenkarten von Christus.

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Vom Gold getroffen.

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Nikolaus wirft einen Goldklumpen ins Schlafgemach dreier Jungfrauen (Flügelaltar Oberbobritzsch) – Jörg Blobelt, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

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Auf dem Bild ist zu sehen, wie der Nikolaus einen Goldklumpen in ein Fenster wirft. Da kann man nur hoffen, dass keines von den Mädels das Ding an den Kopf gekriegt hat … (Gold kann gefährlich sein.) – Warum waren es eigentlich nicht drei Jungs, die das Gold gekriegt haben?

In der Regel sind die Geschenke von bescheidenerer Natur. Interessant finde ich dabei auch, dass in der Advents- und Weihnachtszeit Geschenke in Schuhen und Socken landen. Wozu Alltagsgegenstände doch so gut sind. Manche trinken ja sogar Champagner aus Damenschuhen. (Vielleicht aus dem Schuh, der bei einer Mitternachtsparty verlorengegangen ist?)

Wer mehr über diesen populären Heiligen Nikolaus (von Myra) und das Brauchtum am Nikolaustag wissen will, findet reichlich Informationen hier:

Nikolaus.

Und wer eine Schwäche für Gold und Geschenke hat, der (oder die) sollte sich noch das Märchen vom Fischer und seiner Frau (bzw. „Van den Fischer un siine Fru„) und den folgenden Bibelvers zu Herzen nehmen:

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„Macht euch Freunde
mit dem ungerechten Mammon,
damit, wenn er zu Ende geht,
sie euch aufnehmen
in die ewigen Hütten.“
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(Jesus im Lukas-Evangelium, 16. Kapitel, Vers 9 – Bibel, Neues Testament)

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Tilmann Haberer | Kirche am Ende

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Tilmann Haberer auf seinem Blog „Großstadtpredigten“ über sein neuestes Buch

Kirche am Ende – 16 Anfänge für das Christsein von morgen“

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